laut.de-Kritik
Die wohl ansprechendste Platte seit "Satellite".
Review von Simon LangemannSeit den späten Nullerjahren durfte man das musikalische Verhaltensmuster immer wieder beobachten: Altgediente, einst gehypte und mittlerweile nur noch mäßig erfolgreiche Nu Metal-Band geht 'back to the roots'. Meist blieb dabei verborgen, ob die routinierten Rocker dazu nun Spaßfaktor, zu rettende Ehre oder doch der erhoffte kommerzielle Wiederaufstieg bewog. Es interessierte aber auch niemanden so wirklich, schließlich hielten sich Erfolg und Anerkennung stets in Grenzen. Bestes Beispiel: Korn.
Die drei Vorab-Lebenszeichen ("On Fire", "Lost In Forever", "Eyez") legten bereits nahe, dass sich auch P.O.D. mit der achten Studioplatte auf ihre Wurzeln besinnen. Vor zehn Jahren schafften die bekennenden Christen mit "Satellite" schließlich den weltweiten Durchbruch. Drei mittelprächtige Alben später versuchen sie auf "Murdered Love" deutlicher denn je endlich einen würdigen Nachfolger für das Platin-Meisterstück von 2002 zu schaffen. Was ihnen - man höre und staune - zuweilen sogar gelingt.
Payable On Death, seit der Rückkehr von Klampfer Marcos Curiel (2007) wieder in Quasi-Originalbesetzung, zeigen sich pünktlich zum 20-jährigen Bestehen so offensiv wie schon lange nicht mehr. Immer wieder fragt man sich, wo Frontmann Sonny Sandoval nach all den Jahren seine Aggressivität wiedergefunden hat. Dazu passend geben auch seine drei Kollegen ordentlich Gas, der eingeschworene Verbund aus Marcos' tiefergelegter Gitarre, Traas Fünfsaiter und Wuvs Drumset prescht endlich wieder hemmungslos nach vorne.
Unter diesen vielversprechenden Umständen beschwört das Quartett tatsächlich eine Handvoll Momente herauf, in denen einem plötzlich wieder bewusst wird, warum man P.O.D. jahrelang (zurecht) für die besseren Limp Bizkit gehalten hat. Gleich das eröffnende "Eyez" zeigt die Kalifornier in Topform, hier knüpfen die Riffs hinsichtlich Heaviness an alte Tage an. Hatebreed-Shouter Jamey Jasta bringt einen gesunde Dosis Hardcore-Punk ein, auf eine melodische Hookline verzichtet die Band gleich ganz.
Ähnlich derbe geht es mit dem Titeltrack "Murdered Love" weiter, der sich inhaltlich mit Jesus' Kreuzigung auseinandersetzt, sich unabhängig davon aber perfekt zum Moshen eignet. Ansonsten überzeugt vor allem die melodische aber kraftvolle Vorabsingle "Lost In Forever", deren Stimmung deutlich an den "Satellite"-Titeltrack erinnert. Der P.O.D.-typische Partysong "West Coast Rock Steady" sorgt trotz unnötigem Backing-Gehampel von Cypress Hills Sen Dog für gute Laune und auch die poppige Ballade "Beautiful" steht dem San Diego-Vierer gut zu Gesicht.
"Warum nicht gleich so?", denkt man sich nach der ersten Albumhälfte - eine Frage, die sich leider allzu schnell erübrigt. Schon bald fällt die Band nämlich genau in die Muster zurück, die großen Teilen der drei Vorgängerplatten jegliches Hörvergnügen raubten.
Den Tiefpunkt markiert dabei "Babylon The Murderer", hier stimmt auf einmal gar nichts mehr. Riff und Gesangsmelodie übertreffen sich gegenseitig in Belanglosigkeit, während Sonny in den Lyrics die angestaubte Erkenntnis "Babylon will fall" radikaler denn je durchzuprügeln versucht. Die Reggae- und Pop-Punk-Einflüsse bei "Panic & Run" wirken ungewohnt bieder, "Bad Boy" dagegen wie der missratene und naive kleine Bruder von "Youth Of The Nation".
Alte 'Warriors', wie P.O.D. ihre Fans liebevoll nennen, werden aus "Murdered Love" nicht wirklich schlauer. Zwar laufen die Rap-Metal-Helden immer wieder zu bestechender Form auf und liefern die wohl ansprechendste Platte seit "Satellite" ab. Andererseits verlieren sie sich leider viel zu oft in ärgerlicher Zahnlosigkeit. Für Sonny, Marcos, Traa und Wuv wird sich spätestens nach diesem Album die Frage aufdrängen, ob man sich wirklich noch allzu weit ins dritte Bandjahrzehnt schleppt oder lieber bald den würdigen Abschluss sucht.
6 Kommentare
OMG, die Band gibt es noch? Ich habe gedacht und gehofft, dass die Band längst begraben ist. Zum Glück hab ich all die Jahre von denen nichts mehr gehört oder gesehen. Klar, jeder hat einen anderen Geschmack, aber diese Band findet sich auf meiner Top 10 meiner Hassbands ganz weit oben. Ich hab Satellite einfach zu sehr gehasst...
Die erste Version von Southtown (auf irgendeiner EP) hat mir gut gefallen. Dummerweise hab ich mir dann das Album mit besagtem Song gekauft, der total glattgeschliffen wurde fürs Major-Release. Danach dann komplett verdrängt.
Wieder so eine Band die vielmehr aus ihrem Potential hätte machen können.
Bis auf Satellite war doch alles nur auf mäßigem niveau ...
wer?
wer?
Alive war super. Sonst nie weiter mit beschäftigt aber Alive mochte ich echt gern.