laut.de-Kritik
Technohelden auf Klassiktrip.
Review von Daniel StraubEin Technoalbum, das bei der Deutsche Grammophon erscheint, dem Traditionslabel für Klassische Musik schlechthin, hört man nicht alle Tage. Wenn sich dort nun mit Carl Craig und Moritz von Oswald zwei langgediente Produzenten elektronischer Musik ihr Stelldichein geben, ist schnell klar, dass es sich bei "Recomposed" um kein alltägliches Release handelt. Ein Eindruck, der sich beim Hören noch weiter verfestigt.
Für "Recomposed" wurden den beiden Elektronik-Produzenten Originalbänder des französischen Komponisten Maurice Ravel und seines russischen Kolllegen Modest Mussorgsky zur freien Bearbeitung überlassen. Die Stücke der Wahl sind der weltbekannte "Boléro" sowie der Klavierzyklus "Bilder einer Ausstellung". Sie sind das Rohmaterial für die Interpretation, oder besser gesagt, Neukomposition von Craig und von Oswald.
Wer die beiden kennt, den wird es kaum verwundern, dass sie bei ihrer Arbeit keine Kompromisse machen. Carl Craig ist der wichtigste Produzent, den die Techno-Erfinder-Stadt Detroit derzeit zu bieten hat. Vor allem den Remix hat er über die Jahre zu einer Kunstform erhoben, die künstlerische Eigenständigkeit für sich beanspruchen kann. Die Fähigkeit zur Transformation von Klangstrukturen kommt ihm auch auf "Recomposed" zu Gute.
Moritz von Oswald hat mit Projekten wie Basic Channel, Maurizio und Rhythm & Sound die Entwicklung elektronischer Musik seit Anfang der 90er Jahre immer wieder geprägt. Sein Name steht in erster Linie synonym für die minimalistische Ausprägung, die Dub Mitte des genannten Jahrzehnts durch von Oswalds Projekt Basic Channel erfahren hat. Eine Soundphilosophie, die auch hier allgegenwärtig ist.
Die Originalbänder werden auf Fragmente reduziert, neu programmiert und fließen anschließend als rhythmische Bestandteile in das neue Stück ein. Absolute Reduktion ist dabei das oberste Gebot für Craig und von Oswald. Das macht "Recomposed" zu einer spartanischen Platte, deren repetitiver Aufbau jedoch einen kraftvollen hypnotischen Sog aufbaut. Eine Qualität, die vielleicht auch Ravel und Mussorgski zu schätzen gewusst hätten.
4 Kommentare
Da hat sich ein kleiner Fehler eingeschlichen: meines Wissens heisst von Oswald's aktuelles Projekt "Rhythm & Sound" und nicht "Sound & Rhythm" [\klugscheissmode off]
Ansonsten hätte die Platte auch locker 5 Sterne verdient, vor allem Movement 4 ist eines der vertripptesten Musikstücke, die ich je gehört habe. Aber auch mit eurer Wertung kann ich leben.
ja stimmt. muss natürlich rhythm & sound heißen. danke. ist korrigiert.
ich finde den text hier für eine "cd-kritik" wieder einmal sehr schlecht:
wie das bei laut.de wohl so üblich ist wird auch hier wieder nur hintergrundwissen und geschichtsstunde vermittelt/betrieben
die eigentliche cd findet im groben platz im letzten (kurzen) abschnitt
ich bin danach genauso schlau über die cd wie vorher
du sagst es
wenn die eigenen kognitiven fähigkeiten nicht konstant eingesetzt werden, muss das ja nicht zwangsläufig an laut.de liegen.