laut.de-Kritik
Das Haus zum Beben bringen sie diesmal nicht.
Review von Giuliano BenassiLange hat's gedauert. Zwar sollen sich Robert Plant und Alison Krauss nach der Tour zum überraschenden wie riesigen Erfolg von "Raising Sand" (2007) an einem Nachfolger versucht haben, doch auf keinen grünen Zweig gekommen sein. Also machten sie dort weiter, wo sie davor aufgehört hatten - mit ihren Solokarrieren.
Als Lucinda Williams im Frühjahr 2020 in einem Interview erwähnte, sie sei mit den beiden kurz davor im Studio gewesen, war die Überraschung einigermaßen groß. Ebenso die Befürchtung, dass es kaum möglich sei, das Niveau der Zusammenarbeit noch einmal zu verbessern - oder wenigstens zu halten. "Wir wollten uns weiterentwickeln. Wir haben andere Musiker einbezogen, andere Persönlichkeiten in der Band, mit denen wir im Studio eine neue Intimität der Harmonien erzeugen konnten", versuchte Krauss im Vorfeld Zweifel zu zerstreuen. Der vorab veröffentlichte Auszug "Can't Let Go" klang jedoch eher lauwarm.
Leider, wie sich nun zeigt, gehört er sogar zu den besseren Stücken. Das Haus zum Beben, wie die Übersetzung des Titels lautet, bringt das Album jedenfalls nicht. Eher die HörerInnen zum Schlummern auf dem Sofa. Die Magie der beiden Stimmen ist noch da, aber nicht mehr so intensiv. Damals, so Krauss, habe sie Plant erst mal beibringen müssen, im Duett zu singen. Sicherlich nicht einfach für (und mit) einem der Rockgötter schlechthin, der es nicht gewohnt war, mit einem anderen Star am Mikro die Aufmerksamkeit zu teilen. Genau diese fast schon zärtliche Rücksichtnahme machte einen guten Teil des Reizes aus.
Nun klingen Plant und Krauss vertraut - und irgendwie nach Business as usual. Vielleicht auch, weil sich die von Krauss angesprochenen "anderen Persönlichkeiten" in Grenzen halten. Damals wie hier waren im Einsatz: die Gitarristen Marc Ribot und Buddy Miller, der Schlagzeuger Jay Bellerose und vor allem Produzent und Strippenzieher T Bone Burnett. Auch der Aufnahmeort bleib derselbe, das Sound Emporium in Nashville. Die größte Änderung, zumindest aus Krauss Sicht, waren die Beteiligung ihres Bruders Viktor am Bass und der eine oder andere Gast.
Ausgerechnet der Opener, "der Moment, in dem ich wusste, dass wir ein weiteres Album machen würden", so Krauss, zeigt, was hier schiefgelaufen ist: "Quattro (World Drifts In)" stammt aus Calexicos letztem durchgehend gutem Album "Feast Of Wire" (leider auch schon lange her, 2003). Dort war es eine fast schon psychedelische Nummer, dank John Convertinos tickendem Schlagzeug, Joey Burns' fiebriger Stimme und den für die Band typischen Bläsereinsätzen. Elemente, die hier alle fehlen. Dafür gibt es Klaviernoten aus Nick Caves "Mercy Seat", einen geshuffelten Beat und ein Instrument, das wie ein Didgeridoo klingt, in den Credits aber nicht als solches aufgeführt ist. Da hilft es auch nicht, dass mit Bill Frisell und David Hidalgo zwei Musiker dabei sind, die sich normalerweise das gewisse Etwas aus dem Handgelenk schütteln.
Der Funke springt nicht so recht über. "The Price Of Love" der Everly Brothers, geschrieben für zwei Stimmen, ist eher eine Solonummer Krauss', "Go Your Way" der britischen Sängerin Anne Briggs verkommt zur Schnulze. Erst Stück Nummer vier, Allen Toussaints "Trouble With My Lover" lässt mit seinem New Orleans-Vibe ein bisschen aufhorchen, auch wenn sich Plants Beitrag auf das Singen des Tracktitels beschränkt. Die Stimmung macht Bobby Moores seichtes "Searching For My Love" gleich wieder zunichte.
Wie schon auf "Raising Sand" bieten Krauss, Plant und Burnett eine Mischung aus Stücken vielfältiger Herkunft. Das rock'n'rollige "Can't Let Go" stammt aus dem Repertoire von Lucinda Williams, die auf diesem Lied interessanterweise gar nicht zu hören ist. "It Don't Bother Me" des schottischen Singer/Songwriters Bert Jansch brachte Plant ein. "Last Kind Words Blues" wohl eher Burnett, der das Lied der wenig bekannten Blues-Sängerin Geeshie Wiley bereits 2015 mit Rhiannon Giddens aufgenommen hatte. Die den direkten Vergleich mit der Intensität ihrer Interpretation um Meilen gewinnt.
"High And Lonesome", aus der Feder Plants und Burnetts, hat endlich die Kante, die dem gesamten Album gut getan hätte und die auch schon "You Led Me To The Wrong" der Sängerin Ola Belle Rees angedeutet hatte. Merle Haggards "Going Where The Lonely Go" sorgt mit heulender Pedal Steele für einen guten Country-Moment. Am abschließenden "Somebody Was Watching Over Me" der 2017 verstorbenen Sängerin Brenda Burns ist schließlich auch Lucinda Williams beteiligt.
"Das Gute an Alison und mir ist, dass wir zwei Seelenverwandte sind", erklärt Plant in einem Interview mit der Zeitschrift Mojo. "Wir fühlten uns bereit, etwas Neues zu machen, und wir wussten, wie gut es vorher war, also konnten wir uns einfach wieder zusammentun und sehen, wohin wir gehen. Wir haben nichts zu verlieren". Über letzteres lässt sich streiten, Vorwürfe sollte man den Beteiligten dennoch nicht machen: Das Schönste an diesem Album ist, dass sie damit auf Tour gehen. Mit "Raising Sand" und Stücken aus ihren eigenen Karrieren (die Liveversion von "Black Dog" war 2008 großartig!) werden sie wieder für wunderbare Auftritte sorgen. Im Deutschland sind sie im Juli 2021 in Stuttgart und Berlin zu erleben.
4 Kommentare
Find's toll dass sie zurück sind. Wird gehört.
Wallah mein Herz ????????????????????????
Ne, ne, so schlecht ist das gar nicht. Zugegeben, Searching for my Love und den Country-Heuler My heart will know hätte es nicht gebraucht. Den Rest kann man aber sehr gut hören. Schöner Roots-Rock, teilweise auch etwas zerschossen, toller Klang. Und das Calexico-Cover ist mMn gut gelungen. Schöner Opener in jedem Fall.
Ne, ne, so schlecht ist das gar nicht. Zugegeben, Searching for my Love und den Country-Heuler My heart will know hätte es nicht gebraucht. Den Rest kann man aber sehr gut hören. Schöner Roots-Rock, teilweise auch etwas zerschossen, toller Klang. Und das Calexico-Cover ist mMn gut gelungen. Schöner Opener in jedem Fall.