laut.de-Kritik
Flack covert die Beatles - 40 Jahre zu spät.
Review von Sven KabelitzLasst uns vorab einen weit verbreiteten deutschen Übersetzungsfehler eliminieren: "Let It Be" bedeutet nicht, wie gemeinhin vermutet, "Lass es sein", sondern "Lass es geschehen".
Yoko Ono hat "Let It Be Roberta", ein Album mit zwölf Cover-Versionen von Beatles-Songs, geschehen lassen. Sie gab ihr Einverständnis - und obendrein sogar drei ganze Sätze der Freude in den Liner-Notes von sich. Angesichts des Ergebnisses ließe sich jetzt mutmaßen, ob Frau Ono nicht doch die böse Frau sein könnte, für die sie manche Fab Four-Fans bis heute halten.
Dass wir netterweise nicht die dreitausendunderste Version von "Yesterday" zu hören bekommen, sondern die Auswahl auch auf Lieder wie "Oh Darling", "I Should Have Known Better" oder gar "Isn't It A Pity" fällt, macht das Album in Ansätzen interessant. Das letztgenannte stammt zwar von George Harrisons "All Things Must Pass", er schrieb es aber bereits während seiner Zeit bei den Pilzköpfen.
Dazu singt Roberta Flack die Songs nicht einfach nach. Sie findet einen ganz eigenen Zugang und präsentiert ihre eigene Interpretation, etwa in "In My Life", "And I Love Her" und "Here, There And Everywhere".
Doch, oh weh! Die fatal gestrige R'n'B-Massen-Produktion, die einer Roberta Flack unwürdig erscheint, dudelt auch den besten Ausgangspunkt tot. "We Can Work It Out" klingt nur noch wie eine lieblose B-Seite des TLC-Klassikers "Waterfalls" aus dem Jahre 1995.
Nur von einer Gitarre begleitet, hält sich "Hey Jude" weitestgehend an das Original. Zum Glück entfällt der Na-na-na-na-na-na-na-Teil, der zwar bei den Beatles funktioniert, in einem Cover aber oft nur Fremdscham auslöst.
"Let It Be" wirkt dermaßen kitschig und trotz seiner reduzierten Arrangements paradoxerweise überfrachtet, dass das Herz nach der unsäglichen Wall Of Sound von Phil Spector schreit. Das Knödelgitarrensolo gibt dem Song den Rest. Aus dem dreckigen R'n'B von "Oh, Darling" wird ein schmusiger Stehblues in Alleinunterhalterqualität, in dem Flack stimmlich weit hinter ihren Möglichkeiten bleibt.
Wie ein Exorzist treibt sie im weiteren Verlauf selbst dem letzten Track noch das Talent von Lennon/McCartney aus. In diesen Versionen kaum vorstellbar, dass "I Should Have Known Better", "If I Fell" und "And I Love Him" aus deren Feder stammen.
"The Long And Winding Road" kann Roberta Flack nichts anhaben. Mit Verlaub, das Ding war schon immer unsagbar kitschig und schlimm, da gibt es nichts zu zerstören. Als ganz, ganz schlechter Einfall entpuppt sich zudem das Cover von "Come Together".
Dass die Idee, Flack auf die Beatles treffen zu lassen, nur 40 Jahre zu spät kommt, beweist die angejazzte Live-Version von "Here, There, And Everywhere" aus dem Jahre 1972. Befreit von all dem Zeitgeistspeck funktioniert das Konzept wunderbar.
Viele der jetzt aufgenommen Lieder fanden in der Vergangenheit immer wieder den Weg in ihr Live-Repertoire. Mit nicht allzu viel Mühe lassen sich diese in den Weiten des Internets ausfindig machen. "Let It Be Roberta" wird mit diesem Wissen aber nur noch einen Tacken unerträglicher. Es zeigt schmerzhaft, mit welchen Vorlagen und was für einer begnadeten Interpretin man es hier eigentlich zu tun hat.
2 Kommentare
pfui!
hihi hey jude