laut.de-Kritik
Was soll nach der Scheibe bitte noch kommen?
Review von Kai ButterweckNach knapp vier Minuten des Titeltracks "Agnosie" haucht The Hirsch Effekt-Sänger Nils Wittrock doch tatsächlich ein jammerndes "Und irgendwann schlaf ich ein" ins Mikrofon. Was gibts bei dem Typen morgens eigentlich zum Frühstück? Autobatterien? Nukleare Sprengsätze?
Wie kann man auch nur ansatzweise ans Schlafengehen denken, wenn man im The Hirsch Effekt-Modus durch den Alltag 'spaziert'? Geht eigentlich gar nicht. Denn der Sound, den die drei Hannoveraner der Welt dieser Tage mal wieder vor den Latz knallen, lässt mehr aufputschende Hormone im Dreieck springen als alle Upper-Pillen dieser Welt zusammen.
Mit ihrem Drittling "Agnosie" sprengen Nils Wittrock und seine beiden Weggefährten Ilja Lappin sowie Neu-Schlagzeuger Moritz 'Mr. Moe' Schmidt nun auch die letzten Genreketten. Wer dachte, dass es nach den beiden Vorgängern "Holon: Hiberno" und "Holon: Anamnesis" keine Steigerungsmöglichkeiten mehr gibt, der wird sich nach halsbrecherischen Berg und Talfahrten à la "Bezoar", "Dysgeusie" oder "Cotard" mit einem erstaunten Lächeln auf den Lippen die Hände vors Gesicht schlagen. Ja drehen die Niedersachsen jetzt komplett durch? Hardcore, Alternative-Rock, Death Metal, Math-Exzesse und, und, und. Man kommt mit dem Sortieren gar nicht hinterher, so schnell wechseln die Verantwortlichen ihre Branchen-Unterbuxen.
Nicht mal vor Swing-Ausflügen machen die effektgeladenen Hirsche aus der Messestadt Halt. Alles ist erlaubt, solange es passt und sich dem großen Ganzen unterwirft. Und das tun selbst die skurrilsten Einfälle. Sie sind der peitschenden Belegschaft hörbar hörig. Und wenn dann doch mal ein Song zum Luftholen einlädt ("Tombeau"), kommt der nächste Erguss gleich mit drei Mal so vielen Knüppeln um die Ecke ("Emphysema").
Nicht nur während dieses Songs zeigt sich aber auch, dass The Hirsch Effekt nicht durchgehend mit aufgedrehten Amps zu Werke gehen müssen, um beim Hörer Verwirrung zu stiften. Auch cleane Gitarren, fast schon eingängig zu nennende Gesangsdarbietungen und rhythmische Katz und Maus-Spiele zwischen Schlagzeug und Keyboard lassen jeden Soundpuzzler begeistert in die Hände klatschen.
The Hirsch Effekt drehen mit "Holon: Agnosie" kräftiger denn je am Rad. Wenn am Ende der letzte Beckenschlag des Prog-Core-Halsbrechers "Cotard" die Tore schließt, steht man - wie schon in den Jahren zuvor - mit im Dunkeln und fragt sich: Was soll jetzt bitte noch kommen?
6 Kommentare
Bis jetzt Release des Jahres.
es gibt noch math metal? geilo
war etwas skeptisch, aber alle zweifel wurden weggeblasen. Das Ding bockt.
Ihr bestes.
sonst nix zu tun den ganzen tag, außer gniedeln un sehnenscheidenentzündung behandeln...hammer
voll geil! lange nichts dergleichen gehört