laut.de-Kritik

Vom Splatterregen in die Traufe der Melancholie.

Review von

Nach den mitunter nicht gerade ausgegorenen "The Art Of Breaking Apart" und "Maldire" holt Bryan Erickson zum nächsten Streich aus. Dafür hat er sich viel vorgenommen. Mit Crowdfunding aus dem Fanlager pimpt er die Produktion des neuen Albums und stellt dabei hohe Ansprüche an sich selbst. Er möchte Studioalbum Nummer 16 in einer Reihe mit Massive Attack oder Delerium sehen. Nach zwei Jahren erblickt "Subconscious Landscapes" nun das Licht der Welt: alles andere als eine Totgeburt.

Erickson gilt seit 20 Jahren als höchst wandelbarer Künstler, der seine Sucht- und Nervenprobleme mehr oder weniger freiwillig über Velvet Acid Christ dokumentierte. Dabei gab es unter anderem bereits Gothic ("Fate"), Elektro-Metal ("Neuroblastoma"), ein paar Neofolkmomente ("The Art Of Breaking Apart") und diverse andere Spielchen zu bewundern. Mit den beiden Gastsängerinnen Sabine Theroni und Malgorzata Wacht sowie einer nach seinem Vorbild modellierten Horror-Voodoopuppe im Gepäck geht es nunmehr einen gehörigen Schritt weiter gen dunkelpoppige Seelenwelten.

Diese Entwicklung liegt dem Wahnsinnigen aus Colorado sichtlich. Auch jenseits der Brachialmucke aus Häcksler und Kettensägenmassaker hat Erickson so Einiges zu sagen, das sich hinter den genannten Vorbildern nicht eine Sekunde lang verstecken muss. Hier tröpfelt er etwas Triphop in die Tracks, dort einen Hauch Ambient, und zum Ablöschen ein paar eingängige Synthie-Fetzen ("Grey", "Dire"), die mitunter ein wenig den Geist von John Carpenters Kompositionen herauf beschwören.

Dabei lässt er große Teile der artverwandten Delerium abgehängt am Wegesrand zurück. Statt der dort oftmaligen Ausflüge in belanglose Langeweile, die nicht selten an Schiller oder Enigma gemahnen, lassen Velvet Acid Christ immer einen Hauch absinthener Dunkelheit zu, die vollkommen natürlich aus dem lange Jahre am Rande der Zerstörung geführten Leben des Bryan fließt.

Neu ist indes die erstmals transportierte Wärme in den Soundscapes. Vom Splatterregen früherer Tage kommt der Hörer nunmehr in die Traufe ochsenblutrot geäderter Melancholie. Die Abwechslung in den Vocals sorgt zusätzlich für frische Klangfarbigkeit in VACs subtilem Horrorgemälde. Von Erickson gesungene Songs stehen im bewusst eingewebten Beauty & Biest-Kontrast zu den Damen Theroni und Wacht. Zwischen diesen ungleichen Polen steht der schwarzlichterne Tanzklumpen "Zalflex" als Instrumental einer wohlig samtenen Hölle.

Ein paar Anspieltipps: Mit dem sinnlich melodischen "Barbed Wired Garden" liefert Erickson einen der besten Songs seiner Laufbahn ab. Sabine Theroni schiebt den schicken Melodiebogen gesanglich ansprechend in Gefilde von Julee Cruise, David Lynchs Haus- und Hofchanteuse, die unter anderem "Twin Peaks" einsang. Auch das mit funkelnderer Synthiehook ausgestattete "Grey" erstrahlt unter der machtvollen, aber zurückhaltend eingemischten Stimme Wachts als finsterer Diamant.

Mit dem etwas offensiver hämmernden Synthiegerüst "Empusa" fahren VAC die Platte dann souverän nach Hause. Damit gelingt der Band aus Denver nach vielen Jahren endlich wieder ein wirklich tolles Album aus einem Guss.

Trackliste

  1. 1. Barbed Wired Garden
  2. 2. Taste The Sin
  3. 3. Grey
  4. 4. The Last Good Bye
  5. 5. Dire
  6. 6. Strychnine
  7. 7. Eye H8 U
  8. 8. Zalflex
  9. 9. Evil Toxin
  10. 10. Empusa

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