laut.de-Kritik
Waffen, Wahnwitz, Weed und Weiber.
Review von Dani FrommDer Lateiner weiß: "Nomen est omen." Ward 21 machen dem ihren alle Ehre, benannten sie sich doch nach der berüchtigten psychiatrischen Station des Kingstoner Uni-Krankenhauses. Mit erheblicher Durchgeknalltheit ist demnach jederzeit zu rechnen. Mit "Genesis" werden die Dancehall-Rabauken ihrem verrückten Ruf erneut gerecht.
Einmal mehr sind es die Vocals, die den besonderen Reiz der Crew bergen. Das Aufeinandertreffen vollkommen unterschiedlicher Stimmfarben und Stile gebiert eine Dynamik, wie man sie in Reggae-Gefilden selten antrifft. Im Hip Hop gelingt Vergleichbares etwa den Jurassic 5.
Ähnlich gut aufeinander eingespielt präsentieren sich die Herren Mean Dog, Suku und Kunley McCarthy. Über die zehn Jahre, die sie mittlerweile in der Szene mitmischen, entwickelten sie, ohne eingefahren oder gar verkrustet zu erscheinen, lässige Routinen, behalten sich jedoch stets den Raum für überraschende Wendungen vor.
Angesichts der demonstrierten Zungenfertigkeit tritt der musikalische Rahmen beinahe in den Hintergrund. Die ins Feld geführten Riddims wuchsen teilweise auf Ward 21-eigenem Mist. Der Rest entstand in Zusammenarbeit mit diversen, auch europäischen, Produzenten. Die Reggae-Urgesteine Sly & Robbie steuerten die Basis zu "Dis Badman" bei.
Was zunächst den Anschein besitzt, als besinne man sich - bewaffnet mit scheppernden Bässen und Synthies - auf Werte, wie sie im Ragga in den späten 90ern extrem populär waren, verleibt sich im Verlauf der "Genesis" die verschiedensten Einflüsse ein.
"Dress Back" erinnert im Erscheinungsbild an Eminems "Without Me", "Give It Up" an "Wait" von den Ying Yang Twins. "Dis Badman" mit präsentem Basslauf und jazzig angehauchten, wenn auch lediglich angedeuteten Bläsern erscheint dagegen nahezu funky.
Während die träge, gebremste, stellenweise fast unwirkliche Kifferhymne "Brown Eyes Bleed" den beschriebenen Zustand musikalisch höchst angemessen illustriert, scheucht "Bang Bang", Vocodersound, Claps und Anfeuerungsrufe inklusive, gleich wieder energisch nach vorne.
Getrieben von "Heeeey-hoooo!"-Rufen zwingt "Rock The Spot" zum Mitspringen. Fast schon Großraumdisco-tauglich wird Dancehall in "All Around The World": Ein Fatman Scoop hätte das auch nicht massenkompatibler eingebrüllt.
Ob theatralische Streicher und leiser Latin-Touch ("Shake Up Ya") oder gar nicht so leise Dirty South-Anleihen (beispielsweise in "Rock The Spot"): Der Irrwitz der Stimmen regiert. Stippvisiten von noch spinnerteren Kollegen wie Elephant Man oder T.O.K. setzen dem Wahn die Krone auf.
Ward 21 bieten extrem hohen Unterhaltungswert, obwohl sie die doch eher übersichtlichen, Dancehall-typischen Themenfelder - Waffen, Weed, Weiber - nirgends verlassen. Yeah, we know how u roll. Deswegen vergeben wir sogar die abschließende Sülzballade an "Mommy".
1 Kommentar
Klingt mal wieder interessant.