laut.de-Kritik
Heilmittel für Hip Hop-Süchtige.
Review von Dani FrommSchön, wenn einem eine Platte neue Erlebniswelten eröffnet. Insofern: Punkt für 18 Karat. Das Gefühl, das mich vom ersten ausgehusteten "Rea-dy-to-die!" an befällt, ist mir tatsächlich völlig unvertraut: Ich freu' mich auf das Farid Bang-Feature, das die Tracklist verspricht. Im Gegensatz zum Gastgeber dieser Veranstaltung hat der Chefbanger wenigstens Humor.
Davon braucht er wohl auch eine ganze Menge: Mir jedenfalls platzte sofort eine Ader, sobald ich versuche, "Pusha" anders als einen Witz zu betrachten. Dass den schon hundert andere tausendfach widergekäut haben, hat den schalen Jokus nicht besser gemacht.
"Ready To Die" referiert der erste Track gleich in seinen ersten Takten auf einen der Großen des Genres, nur um danach alles, wofür er stand, gar garstig mit Füßen zu treten. "If I wasn't in the rap game I'd probably have a key knee-deep in the crack game", so Biggie einst. Für ihn, der zuvor zweifellos der "Pusha" gewesen ist, den 18 Karat unentwegt zu verkörpern behauptet, bedeutete seine Kunst einen Ausweg, eine Alternative zum Dealerdasein.
Bei 18 Karat gibt es nichts davon. Keine Kunst, keine Alternative. Er ist "Pusha Gewesen, Pusha Geblieben", "Gangsta Gangsta" mit "Strassenabitur", einer der einsamen "Löwen" unter den auch schon recht verschlissenen "Schlangen und Ratten". 18 Karat fährt auf den Straßen von "Crackcity" den "Illegalen Lifestyle", immer auf der Jagd nach "fast money, fast life". Er zählt Scheine in "Braun Grün Gelb Lila", denn - erwähnte er es schon? - er ist "Pusha".
Auch, wenn das krampfhafte Beteuern eines Sachverhalts normalerweise stark an dessen Nähe zur Realität zweifeln lässt: Ehrlich gesagt zieht mir meilenweit am Arsch vorbei, ob 18 Karat tatsächlich Rauschmittel vertickt hat oder noch vertickt, und wenn ja, welche und wo. "Ihr seid Fake, ich bin Pusha! Keine Rapper, wir sind Pusha!" Yo, alles klar. Dann geht aber doch bitte einfach pushen.
"Ich hab' mich nie für Rap interessiert": Glaub' ich zur Abwechslung uneingeschränkt. "Ich bin enttäuscht von der Szene": Unterschreib' ich, so lange sie Zeug wie "Pusha" gebiert, gleich doppelt, doch: "Machen sich vor 14-Jährigen zum Clown"? Da würde mich jetzt aber doch interessieren, in welchem Alterssegment 18 Karat seine eigene Zielgruppe vermutet. "Ich bin zwar immer noch kein Rapper": yepp! "Aber trotzdem in den Charts": Das wiederum offenbart, in welchem Ausmaß deutscher Straßenrap inzwischen havariert sein muss. Wird wirklich Zeit, dass dieser Kahn endlich absäuft.
18 Karat gibt vor, er sei "Gegen Den Fame", widerspricht sich dabei aber in einer Tour selbst. Angeblich will er weder Feedback noch Features oder Kollabos, tritt dann aber doch beleidigt in die Richtung von jedem, der ihn nicht hofiert, während TV Strassensounds Davud, in seiner Wahrnehmung der einzige, der ihm eine Plattform gab, lobende Erwähnung findet. Genauso stell' ich mir das vor, wenn einem Feedback und Rezeption gleichgültig sind.
"Jetzt kriegt das Rap-Biz ein Drive-By." Nötig hätte es die armselige Szene längst, mit ihren aufgeblasenen Protagonisten, den skrupellosen Geschäftemachern und dem Heer von Speichelleckern und eingeschüchterten Schisshasen, die servil um sie herumscharwenzeln. Verachtung dafür ist mir wirklich nicht fremd. 18 Karats unverhohlene Verachtung für die Sache an sich allerdings, die fühlt sich wie ein echter Schlag in den Magen an.
Er hat kein Interesse an, keinen Respekt vor und schon gar keinen Funken Liebe für die Kunst. Entsprechend kann er nichts beitragen, hat nichts zu erzählen, wie die an Einfallslosigkeit nicht zu überbietende Trackliste einem schon von weitem entgegenschreit. 18 Titel umfasst die kürzeste Version, verschiedene andere Editionen blasen sie für die ganz Schmerzfreien auch auf doppelte Länge auf.
Heraus kommt, wenig überraschend (und so man das immer gleiche gepresste Geschrei auf homöopathisch variierten, wuchtigen Synthiebeats überhaupt als solchen bezeichnen will), Rap zum Abgewöhnen. Sollte ich jemals einen ernsthaften Entzugsversuch unternehmen wollen, um vom Hip Hop loszukommen: Ich hab' jetzt eine Idee, wie das gelingen könnte. 18 Karat hat das Gegenmittel.
Doch ganz so weit bin ich noch nicht: "Sie fragen nach der Kette, sie fragen nach der Uhr." Sie fragen offenbar mehrfach, aber die Mär, die über die Maske und den Künstlernamen kursiert, hinterfragt niemand? "Pures Gold weist eine Reinheit von 18 Karat auf und seine Maske soll aus purem Gold sein", lese ich allüberall. Ich hab' zwar gelernt, dass reines Gold 24 Karat hätte ... aber ich hab' ja auch kein Straßenabitur. Eine Maske aus "reinem Gold" wäre jedenfalls in etwa so weich wie mein Keks nach dem zweiten Durchlauf dieser Platte.
Die erspart einem nichts. Auch nicht den Track mit den Kopfhoch-Schablonen ("Ich Glaub An Dich"), und schon dreimal nicht die heulsusige, in Tränen der Mama eingepökelte Ich-knie-vor-Gott-Pseudo-Reue-Nummer. Nein, "Dieser Weg" wird wahrlich kein leichter sein.
Was war denn nu mit diesem Farid Bang-Feature? "Komm Ins Café", Casper, Ferris, Silla und Chakuza sind auch eingeladen. Hab' doch gewusst, dass es spätestens jetzt lustig wird. Vergleichsweise. Zumindest ein kleines bisschen. Hey, der Banger buchstabiert! "B-A-N-G-R!" Ich kaufe ein E.
13 Kommentare mit 82 Antworten
Naja, im Großen und Ganzen würde ich sagen: okay. Aber es ist eben nichts besonderes, sondern vorhersehbarer Straßenrap. Beats und Texte sind genau das, was man erwartet, insofern kriegen Fans vermutlich genau das, was sie haben wollen. Passt auf jeden Fall zu Banger Musik.
Für mich reicht es auf jeden Fall nicht, um sagen zu können, dass das 18 Karat mit dem Album ganz vorne mitmischen kann.
Sagenhaft beschissen. Ungehört 1/5 iz da.
um das "ungehört" beneide ich diesmal wirklich.
Das hab ich mir schon beim Strassensound-Interview vorgenommen. Da konnte ja noch niemand ahnen, dass den wirklich mal jemand signen würde.
waruuuuum???!
Track mit dem Jungen Manuellsen ist nicht mal drauf, dabei hatte der was (abgesehen von 18 Karat natürlich..)
Ungehörte 1/5 iz kla.
diese play69 ep ist ganz ok
der witz ist, es wird trotzdem gold gehen. wahrscheinlich platin. und silla war wohl im café.
man verabretede sich vor kurzem auf "einen kickdown auf farids nacken" auf der fibo
Wer kriegt denn heutzutage noch platin? Ausser die Beginner natürlich
Dieser Kommentar wurde vor 7 Jahren durch den Autor entfernt.
ironisch. die platte, die eins weiter unten rezensiert wird, trägt die überschrift/teaser "Ein Klang gewordenes 'Nein!' zu Rassismus und Totalitarismus"
und wenn man sich 18 Karat und Miri-Anhang ansieht/anhört, denkt man sich "Ein Klang gewordenes 'Ja' zu Rassismus und Totalitarismus" manchmal mag ich die feinen ironischen nuancen von laut.de ♥
apropos miri
https://www.youtube.com/watch?v=JxhMFJ3wpTM
Er zählt Scheine in "Braun Grün Gelb Lila", denn - erwähnte er es schon? - er ist "Pusha".
Lila Scheine?! 500er gibt's doch gar nicht mehr! Hab ich schon neulich bei Kay One gesagt, aber mich hört ja keiner.
Es gab hier in der laut.bar 2002/3 einen Nutzer namens axl_sucks mit dem ich mich vorzüglich über grunge und ähnliches austauschen konnte... wie es dem wohl geht?
Was macht eigentlich Sandman. Und was wurde aus Vater Abraham?
Oder "himself"? Und wie hieß nochmal der Indie-Heini? Vapour_trail?
sandmaaaaaaaaaaaaaaaaaan!!!
... und, jon, wo bist du nur?
und Thelema oder BzR und Hatebreed, Kukuruz?
Thug 18Kay ist anscheinend so street, dass das Album nicht mal bei Spotify verfügbar ist. So wird es bei mir leider bei "ungehört" bleiben
"leider"
Play69 >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> 18 Kuffar
Haste 2 Sekunden gehört, kennst du alles. Danke, nee.
Also 2 Sek gehört 1/5?