laut.de-Kritik
Ungeschliffene Tracks für die Tanzfläche.
Review von Daniel StraubDer Mann ist eine Legende. Die erste Generation von Ravern hat zu seinen Hymnen kollektive Glücksraketen gezündet. Und auch heute noch gehört ein Track wie "Voodoo Ray" zum Besten, was elektronische Clubmusik zu bieten hat. Mit "Proto Acid" taucht Gerald Simpson in die Vergangenheit ein, ohne das Rad der Geschichte rückwärts drehen zu wollen. 24 neue Tracks hat er im lockeren Flow einer Jamsession für "Proto Acid" gemixt.
Entstanden ist der Mix am 11. Februar in Simpsons Studio in Berlin, wo der Acid House-Pionier und Drum'n'Bass-Initiator seit geraumer Zeit lebt. Genau ein halbes Jahr später erscheint nun "Proto Acid - The Berlin Sessions". Hervorstechendestes Merkmal: der straighte Drive des Albums. Soul, Dub und Funk sind hier nicht auszumachen. Gesang - Fehlanzeige. Stattdessen arbeiten die Schaltkreise von Grooveboxen, Drummachines und Synthesizern im Akkord.
Die Folge ist ein Album, das von der ersten bis zur letzten Sekunde durch seine rauhe Direktheit überzeugt. Simpson kitzelt nicht die Hi-End-Sounds aus seinen Gerätschaften raus, sondern bringt die Tracks relativ ungeschliffen auf der Tanzfläche zur Landung. Schaden tut ihnen dies auf keinen Fall. Ganz im Gegenteil. Die bewusst einfach gehaltene Produktion setzt die zahlreichen Reminiszenzen an Chicago und Detroit erst richtig in Szene.
Trotzdem klingen Tracks wie "Transition" oder "Monday" keinesfalls angestaubt. Dazu mögen die dezent eingewobenen 303-Sounds ihren Teil beitragen. Deep und minimal sind die zwei Adjektive, die "Proto Acid" am besten beschreiben. Ausufernde 303-Zwirbeleien sind hier Fehlanzeige. Die hat Simpson als Mitglied von 808 State schließlich schon vor zwanzig Jahren zum größten Rave-Erkennungssignal aller Zeiten erhoben.
Und Wiederholungen sind die Sache des Briten nicht. Deshalb hat er sich nach der Rave-Zeit erst einmal in Richtung gebrochene Beats orientiert. Später tauchte sehr viel Soul in seiner Musik auf. 2006 ist die Zeit reif für die Rückkehr in die Clubs. Mit ihrem konsequenten Groove dürften die Tracks von "Proto Acid" dort leichtes Spiel haben.
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