laut.de-Kritik

Mama, she made it!

Review von

Immer wieder erhebt Akua Naru ihre Stimme für feministischen, intellektuellen Hip Hop. Sie gilt nicht grundlos als Garant für Conscious-Rap mit relevanten Aussagen. Entsprechend klingt auch "The Blackest Joy", das dritte Studioalbum der Spoken Word-Poetin, wieder politisch wie künstlerisch ambitioniert.

"Black Genius" beginnt mit Meeresrauschen und einer einsamen Trompete. Dann kommen dramatische Klavierklänge dazu, und eine Frau erklärt auf einer Bantu-Sprache, was ihr die Musik von Akua Naru bedeutet. Erst eine Minute später steigt Naru auf einen Boom-Bap-Beat ein und rappt mit ruhiger, tiefer Stimme. Darüber rieseln jazzige Klaviermelodien.

Auf "Serena" und "Kaya" spittet Naru die Verse mit etwas mehr Eindringlichkeit. Scratch-Parts erinnern an den Hip Hop der Golden Era. Ansonsten setzt sich der Soundteppich vor allem aus Trommeln und Percussions in Afro-Rhythmen zusammen, angereichert um vereinzelte Piano- und Orgeltöne, die keiner bestimmten Melodie folgen.

Das Album klingt an vielen Stellen wie Musik aus einer anderen Welt, zum Teil düster und mystisch wie auf "Black Future", wo einen das Gefühl beschleicht, Naru flüstere einem mit dunkler Stimme hexenartige Beschwörungen ins Ohr. In anderen Songs, etwa "The Offering", nimmt die Rapperin einen mit in ihre Hip Hop-Klang-Blase, in der dumpfe Beats, sphärisch verträumter Rap und Gesang verzaubern.

Längentechnisch kratzen die meisten Songs an der Fünf-Minuten Grenze, "Black Future" erstreckt sich über ganze sieben Minuten. Das liegt daran, dass die Lieder häufig mit Geräuschen anfangen, zu denen erst nach und nach die Instrumente einsteigen. Das baut den Sound allmählich auf und lässt ihn ähnlich langsam auch wieder ausklingen.

Die Wahl-Kölnerin hebt sich auf jeden Fall von vielen ihrer Hip Hop-Kollegen ab, kurzlebige Banger und Hooks zum Mitgrölen sucht man bei ihr vergebens. Zum Teil fehlt den einzelnen Tracks so ein charakteristische Merkmal, das sie voneinander unterscheidet. Man muss sich schon sehr genau mit dem Album befasst haben, bevor man mitten in einem Lied errät, um welches es sich handelt. Die eine oder andere wiedererkennbare Melodie würde dem Album nicht schaden, ließe sie doch einzelne Tracks mehr herausstechen.

Akua Narus Rap-Stil wirkt überlegt und unaufgeregt, meist relativ gleichförmig, was auch gut zu der entspannten Musik passt. Nach einigen etwas zu ähnlich klingenden Songs sehnt man sich aber doch nach rhythmischer und stimmlicher Abwechslung.

Dankbar war ich deshalb für den R'n'B-Song "Made It", der in der Albummitte nochmal einen anderen, viel souligeren Sound bereit hält. Naru beweist, dass sie auch richtig gut singen kann. Ihre Stimme untermalt außerdem ein Chor, der dem Song Gospel-Charakter verleiht. R'n'B-Sänger Eric Benét steuert dem Hook seine kratzige Stimme bei, und auch Trompeter Josiah Woodson ist mit von der Partie.

Dass mit Akua Naru hier eine Frau die Verse rappt, während ein Sänger unterstützend im Hook auftritt, ist im Hip Hop Geschäft selten und wirkt schon allein deshalb erfrischend. Stolz singt Naru: "Mama, I made it." Das Thema Mutterschaft markiert den roten Faden des Albums, der immer wieder auftaucht. Dabei geht es sowohl um die Frauen in Narus Familie, als auch um ihre afrikanischen Wurzeln, um Mama Afrika.

Gerade dass Naru mit "The Blackest Joy" den Kontinent Afrika und seine Bewohner so in den Fokus rückt, macht die Platte inhaltlich spannend. Eine weibliche Stimme fehlt oft in der Hip Hop-Szene und in der Kultur. Die Künstlerin hat auf jeden Fall einen eigenen Weg gefunden, um ihre politische Message in die Musik einzubauen, und verpackt sie unaufdringlich in relaxten Hip Hop mit Jazz-Feeling.

Trackliste

  1. 1. Black Genius
  2. 2. Sweat
  3. 3. Serena
  4. 4. My Mother's Daughter
  5. 5. Made It
  6. 6. Love Right Now
  7. 7. Joy
  8. 8. Kaya
  9. 9. The Offering
  10. 10. Baldwin's Crown
  11. 11. Black Future
  12. 12. Made It

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