laut.de-Kritik
Tödliche Tunes für Basements und Strandpartys.
Review von Dani Fromm"Youths, grow your dreadlocks!" Wer - außer vielleicht Promoe - könnte dazu glaubwürdiger auffordern, als unser jamaikanischer Lieblings-Sizilianer? Dass sich der Befehl nicht nur auf die Frisur, sondern auch auf die zugehörige Geisteshaltung bezieht, sollte sich bei Alborosie von selbst verstehen.
"Respect yourself and love yourself" lautet seine zentrale Botschaft, die er zusammen mit Junior Reid zu Akustikgitarre und fetten Bässen an Mann, Frau und Rastajugend bringt. Ein bisschen Eigennutz darf da gerne dabei sein: "If you don't love yourself noone will love you."
Dabei ist es doch die Liebe, die sogar den eingefleischten rude bwoy zu ganz untypischen Einsichten bekehrt: "I need to settle down, stop the foolishness and stick to my girl." Dann nämlich entstehen so zauberhafte Love-Tunes wie "You Make Me Feel Good" mit der gewohnt großartigen Etana.
Alborosie selbst ist ohnehin gruselig: Der Kerl schreibt, produziert singt und spielt seine Musik höchstselbst. Wahrscheinlich ist sogar seine Maschinengewehr-Gitarre ein Eigenbau. Nur passend: "Yes, our music can be deadly", heißt es in "Rolling Like A Rock". "Don't get in my way!"
Besser nicht. Neben romantischen Anwandlungen führt Alborosie nämlich sehr wohl ein scharfes Auge und eine ebensolche Zunge ins Gefecht. Die paradiesische Seite seiner Wahlheimat Jamaika überstrahlt in seinen Schilderungen die dort herrschenden Zustände so wenig, wie die positive Grundstimmung der Tunes ihre zuweilen abgründigen Inhalte.
Alborosie bewegt sich durch die Geschichte der Musik im Allgemeinen und der des Reggae im Besonderen wie durch einen Selbstbedienungsladen. "Ragamuffin", Rub-A-Dub, Ska, Rocksteady und Dub stecken in seinem Sound, aber auch Gospel, Soul und gezielt eingesetzte elektronische Effekte.
Aus dem Basement zur entspannten Strandparty: Auf "2 Times Revolution" nur ein winziger Schritt. "International Drama" klingt zudem, wie direkt aus einem alten Mafia-Streifen entfleucht und verwurstet - und das überaus stimmig - Schlager-, sogar Operetten-tauglichen Gesang, während sich der Bass eins groovt.
Neben schon ein wenig romantisch verklärten Anleitungen zur Weltverbesserung stellt Alborosie ganz praktische Tipps für ein fröhlicheres Dasein. Ehe in "Jesus Is Coming" ein höchst alttestamentarisch anmutender Weltenrichter das babylonische System hinweg fegt, trinken wir alle zusammen noch ein Tässchen des weltberühmten "Camilla"-Teas. Der schmeckt nämlich auch der Oma.
Noch keine Kommentare