laut.de-Kritik
Der Formeinbruch kommt zum ungünstigsten Zeitpunkt.
Review von Daniel StraubClubs sind genau jene Orte, an denen die einengenden Regeln von Raum und Zeit gerne mal für ein paar Stunden außer Kraft gesetzt werden. Das hat jedem schon wunderschöne Momente auf der Tanzfläche beschert, eingehüllt in ein Meer von Sound.
Belgiens Techno-Mekka Fuse sorgt mit seiner neuesten Compilation "Fuse Presents Anthony Rother" bestenfalls für etwas Verwirrung auf der Zeitachse. Denn was Anthony Rother mit seinem zwölf Tracks umfassenden Mix für den Brüsseler Club in Form gegossen hat, klingt über weite Strecken doch reichlich abgehangen.
Das Rother-Set ist der vorläufige Tiefpunkt in einer Compilation-Reihe, die vor neun Jahren mit der feinen Arbeit von Dave Clarke ihren Anfang nahm. Mit DJ Hell und Technasia gaben in den folgenden Jahren zwei weitere große Namen ihr Stelldichein, bevor man sich bei Fuse entschloss dem jungen Holländer Joris Voorn eine Plattform zu bieten. Es war die bis heute mutigste Entscheidung der Fuse-Macher, und sie resultierte konsequenterweise in der bis heute besten "Fuse Presents"-Compilation. Steve Bug konnte in der Folge das Niveau noch halten, danach orientierte sich die CD-Reihe mit Shinedoe, Adam Beyer und Deetron dann eher Richtung Mittelfeld.
Der Formeinbruch kommt für den belgischen Club zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Während die britische Fabric mit Omar-S einen der angesagtesten Produzenten aus Detroit für seine Compilation verpflichtet und damit geschmackspolitisch ganz weit vorne ist und Berghain bzw. Watergate den Soundtrack zum Ausgehtrip in der Hauptstadt auf CD pressen lassen, dreht Fuse die Uhr mit der Verpflichtung von Anthony Rother locker um ein paar Jahre zurück.
Die Compilation bietet elektro-infizierten Techno, wie man ihn vom Offenbacher kennt. Retro einmal anders. Am schwachen Auftritt des Sets ändern aber auch klangvolle Namen wie Underground Resistance-Kopf Mad Mike oder das spanische Duo Pig & Dan nicht viel. Zwar zählen die Tracks der beiden Produzenten, die passenderweise direkt hintereinander gespielt werden, zum besten Teil des Sets. Wirklich überzeugen geht aber anders. Von beiden Artists gibts besseres Material zu hauf.
Rätselhaft bleibt bis zum Schluss, wie es Rother schafft, mit zielsicherer Hand total belanglose Techno-Tracks für seinen Mix auszusuchen. "Fuse Presents Anthony Rother" ist in seiner zweifelhaften Qualität auch weit vom der 2003er Live-Scheibe "Live Is Life Is Love" entfernt.
Das Set ist ebenfalls ein Mitschnitt aus dem Fuse und zeigt Rother, noch deutlich von seinem besten Album "Simulationszeitalter" geprägt, als guten Live-Act. Seither scheint er sich weder als Produzent noch als DJ entscheidend weiterentwickelt zu haben.
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