laut.de-Kritik
Basslastig-dröhnende Rückkehr nach 36 Jahren Pause.
Review von Philipp KauseOhne die Klavier-Nummer "I Don't Like Mondays" kommen auch nach über vier Jahrzehnten wenige Radiosender aus. Sie stammt von Bob Geldofs einstiger Band The Boomtown Rats. Nach 36 Jahren Pause trafen sich die Ratten noch einmal im Proberaum, um sich durch das musikalische Terrain zu nagen, das andere übrig gelassen haben. Dabei kommt mit "Citizens Of Boomtown" eine basslastig-dröhnende Platte abseits von Glam und Postpunk und ohne neuen Über-Hit heraus.
"She Said No" gräbt sich ganz tief in der Musikgeschichte bis zu Little Richards "Long Tall Sally" zurück, Juke-Box-Sound für das Spotify gesteuerte Irish Pub unseres Vertrauens. Glam-Rock klingt an, wie auch in "Trash Glam Baby". Beide Songs wummern mehr laut als eingängig. Den melancholischen Strophen von "Rock'n'Roll Yé Yé" folgt dafür eine Hookline im Stile von Joan Jetts "I Love Rock'n'Roll". Der Chorus lässt sich schnell mitgrölen, und die simplen Riffs gehen rasch in alle Gliedmaßen über. Straight und klanglich auf dem Gallagher-Level der späten 70er zeugt der Song statt von Anachronismus von gutem Geschmack.
Mitklatschnummern wie "She Said No" und "Get A Grip" überstrahlen den Rest des Albums. Für die Wahl des besten Anspieltipps sticht sofort "Sweet Thing" heraus, textlich banal: "You're my pretty thing, because I love you", gefolgt von einer Aufzählung der Wochentage, "I love you best on Friday, because you're my sweet thing, oh oh". Geldofs Stimme klingt hier sehr charakterstark, die Gitarren beben und der Drummer verrichtet einen Hammer-Job.
In der Instrumentierung rückt Geldofs Truppe dem schwungvollen Detroit-Rock'n'Roll eines amerikanischen Bob Seger nahe. Elektronische Zutaten überraschen im Theme-Song "The Boomtown Rats": Als Nahezu-Instrumental überzeugt die Nummer mit spannendem Ambient-Noise-Gewaber. Die Band vertont das Nachtleben der Ratten, die stets auf der Hut sein müssen und in unbeleuchteten, verlassenen Ecken herumspringen. Die Post-Punk-, Wave- und Reggae-Wurzeln der Band treten kaum in Erscheinung. Keinerlei Bläsersätze zieren den Sound, die Rats präferieren wuchtige Stomper. Kompositorisch kommen sie dabei maximal monoton rüber ("K.I.S.S.", "Monster Monkeys").
Am melodiösesten zeigt sich die akustische Postkarte aus der Londoner Innenstadt, wo an einem heißen Sommertag Kinder auf der Straße spielen und die Boomtown Rats "ice-cream music in the park" vernehmen. "Here's A Postcard" folgt dem feinsinnigen "Ich-beobachte-und-erzähle-jedes-Detail-so-lange-müsst-ihr-mir-zuhören"-Gestus eines Paul Weller oder Ray Davies auf. Ein geglückter Versuch, obwohl Geldof lange nicht so geschmeidig singt wie genannte Zeitgenossen und schon gar keine ewig haltbaren Akkordfolgen auswirft. "Citizens Of Boomtown" ist nur phasenweise ein gelungener Versuch der Iren, an die eigenen glorreichen "Banana Republic"-Zeiten anzuknüpfen.
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