laut.de-Kritik
Kartoffelschnaps und Wurst: brave Hausmannskost.
Review von Matthias MantheDie Big Player des Musikgeschäfts biegen und brechen im Wettlauf gegen die Trendstechuhr. Kurz nachdem Major E. den Frühling 2005 mit Genosse Bosse beglückte, stolperten auch U.'s Gebrüder Madsen über die Kreidelinie, die den Deutschrock-Himmel bedeutet.
Ähnlichkeiten mit den jeweiligen Konkurrenzprodukten natürlich reiner Zufall. Doch weil Medienfame hierzulande meist nur kurz euphorisch und somit nicht weniger flüchtig ist als anderswo, bläst das Konzernduo schon ein Jahr später zum nächsten Schlagabtausch.
Im Halbschatten der Nebenbuhler landen Axel Bosse und Kollegen also erneut auf überfüllten Redaktions-Schreibtischen. Hüben erklingt das "Ade Euphorie", drüben geht die Logik in Frühpension – ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Die zweite Ernte einfahren, heißt das wohl im nüchternen Businessspeak. Zum Glück lassen sich Erfolgsformeln aber nicht immer nach X auflösen. Wäre ja langweilig.
Nichtsdestotrotz versucht Uns Axel genau das. "Guten Morgen Spinner" hat er aus dem gleichen Grundstoff gestrickt, aus dem "Kamikazeherz" vor einigen Monaten durchaus positiv zu überraschen wusste. Gerstensaft und Großstadt-Romantik, Zeitzeugentum im Alltag, eruptive Aufbruchsstimmung. So unglaublich viel Neues geschieht eben nicht in ein paar Monaten.
Leider fehlen diesmal die notwendigen Akzente für den Unterschied zwischen Mittelmäßigkeit und Originalität. Die vier zechenden Traumtänzer stehen nicht länger an der Weggabelung von Wave, Grunge und Schrammelei – sie haben sich zugunsten maximaler Geradlinigkeit entschieden. Up-, Mid- und Downtempo-Rockismen wechseln in knapp 38 braven Minuten Aktivierungsmusik ab. Weder für E-Beats, Gastsänger noch pittoreske Metaphern bleibt heuer Platz.
Lieber textet der Sänger schnörkellos as possible ("Es riecht nach Pisse und Kaffee", "Kartoffelschnaps und Bockwurst zwischen Gartenzwergen"). Dabei ist gar nicht Authentizität das Plattenmanko, sondern die halbgaren hausgemachten Songstrukturen. Ein einziges Brodeln, Überkochen, Brodeln, Überkochen am Stück. Gebranntes Kind scheut das Feuer leider nicht. Schade drum.
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