laut.de-Kritik
Vorsicht: Macht süchtig!, warnt Till Brönner.
Review von Kai KoppEin gelungener Opener ist ja die halbe Miete! Wenn sich nämlich schon die ersten 30 Sekunden mühsam aus den Boxen quälen, was ist dann vom Rest des Albums zu erwarten? Diese 30 Sekunden sind es also, die alles entscheidenden, und genau diese 30 Sekunden sind es auch, die wirklich Lust machen, sich mit Céline Rudolphs Album intensiv auseinander zu setzen. Die Beschäftigung lohnt, um es vorweg zu nehmen, auf ganzer Linie.
Denn nicht nur der Opener "Mantra" weist gehörige World-Pop-Qualitäten auf. Neben den beseelten Eigenkompositionen, zu denen "Mantra" gehört, halten die stilvollen Cover-Interpretationen der Protagonistin das Niveau. Baden Powells "Deixa" ist laut dem brasilianischern Schriftsteller Roberta Gambini "eine Hommage an die brasilianische Musik. Ich kann das beurteilen, denn ich untersuche die brasilianische Seele seit dreißig Jahren". Recht hat er!
John Coltranes modalem Jazzklassiker "Naima" haucht die Dresdner Gesangsprofessorin ein perkussives Lebensgefühl ein, MC Solaars Rap-Klassiker "Victime De La Mode" atmet Brazilectro-Energie und selbst dem Real-Book-Standard "My One And Only Love" trotzt sie mit Akkordeon und smoothem Bossa-Groove südamerikanische Facetten ab. Till Brönner meint dazu: "Vorsicht: macht süchtig!"
Zur Entstehungsgeschichte von "Brazaventure" berichtet Céline Rudolph: "Die Initialzündung ging von Gilberto Gils Album 'Oslodum' aus. So wurde ich auf den Produzenten Rodolfo Stroeter aufmerksam". Dieser produzierte nicht nur genanntes Gilberto Gil-Album, sondern ist u.a. maßgeblich für die Alben von Joyce, Caetano Veloso, Nana Vasconcelos oder Milton Nascimento verantwortlich.
"Ich nahm Kontakt auf und schickte ihm meine Aufnahmen. Rodolfo gefiel mein Sound und meine Energie. Wir trafen uns schließlich bei ihm zu Hause in São Paulo und sprachen lange über Musik. Simple and Beautiful - so sollte die Musik klingen. Unsere Idee war, eine songorientierte Form mit poetischen Melodien zu schaffen, die von starker Perkussion getragen wird." Um dieses Ziel zu erreichen wählt Stroeter die mitwirkenden brasilianischen Musiker sorgfältig aus und spielt höchstpersönlich den Bass.
Céline Rudolphs Geheimnis, das Ziel zu erreichen, spiegelt sich in der Art und Weise wider, sich der Musik auszuliefern. "Ich gebe mich ganz hin und werde durchlässig, werde ganz Körper, ganz Seele. Der Körper ist Schwingung, die Schwingung ist Ewigkeit und Glück. Keine Fragen, keine Antworten". Noch Fragen?
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