laut.de-Kritik
Eine Wall of Sound aus Rigips.
Review von Franz Mauerer"Robbers & Cowards" von 2007 war so unglaublich gut, so dynamisch und zeitlos, dass es heute noch eine wahre Freude ist, es anzuhören. Dieses Niveau erreichten die Cold War Kids allerdings nie wieder. Schon beim Zweitwerk "Loyalty To Loyalty" fehlten die zündenden Ideen, und dieser Mangel zieht sich seitdem durch die eher mediokre Veröffentlichungen.
Selbstbetitelte Alben wie eben "Cold War Kids" verknüpft man automatisch mit einem gewissen Anspruch, quasi einer Zäsur: Und das will die Band in diesem Fall auch so verstanden wissen. Heraus kamen jedoch Songs wie "Run Away With Me", das auf einer seelentoten Popakademie als Schablone für vermeintlich schmissige Songs unterrichtet werden könnte. Selbst der Shinkansen ist weniger vorhersehbar als dieser grundlegend langweilige Song.
Handwerklich passt das alles ungefähr, nur ist es ebenso seelenlos, wie die Cold War Kids früher emotional waren. Die Texte strotzen vor dummen Allgemeinplätzen wie "When you live a double life, it's dangerous / Oh, not to fear love, not to fear" ("Double Life"), ein im Übrigen vor allem im Pre-Chorus hochgradig kitschiger Opener. Die große Geste wird durchgehend gesucht, aber fast immer verfehlt. Natürlich deshalb, weil die Mittel im Songwriting fehlen, aber auch aufgrund der mangelnden Bereitschaft zur Ruptur oder einer wie auch immer gearteten Härte oder Schärfe im Sound. Die Fallhöhe zwischen Anspruch und Realität ergibt eine Peinlichkeit, die geradezu charakteristisch für diese Scheibe ist.
Leider gibt sich Sänger, Bandchef und auf "Cold War Kids" alleiniger Songwriter Nathan Willett überzeugt, dass Woohoo-Chöre, Plastikgeigen ("Another Name") und langgezogene Passagen (gefühlte acht Minuten auf "Stray") Emotionalität vermitteln. Wo er und die anderen Bandmitglieder früher konsequent den Bruch im Sound suchten und fanden, geraten okay angelegte Songs wie "Blame" und "Toxic Mask" nunmehr flach und finden aus einer emotional egalen Mid-Tempo-Wüste nie heraus.
Die Songs ziehen ohne Haken und Erinnerungswert vorbei, ohne die Hooks, die diese Band mal so groß gemacht haben. Spürt man bei diesen besseren Nummern die Wüstensonne nur im Nacken brennen, gibt es Songs, die zu hören an Salzsteinen lecken gleichkommt: "Braindead Megaphone" fehlt einfach jede Idee, leeres Gegockele, Musik für den Westernsaloon in der westfälischen Provinz. Wenn die jungebliebenen Kaltkrieger das Tempo mehrfach komplett rausnehmen, mag man gar an Selbstsabotage denken - oder eine Art Mutprobe. Ähnlich schlecht (und im Titel lustigerweise ebenso prophetisch) gerät "Empty Inside", das nur noch Jingle-Niveau erreicht. Man möchte betteln: Hört doch auf!
Lichtblicke gibt es nur zum Schluss des Albums: "Sunday In The City" ist das Albumhighlight, zwar wie das folgende "For Your Love" formelhaft und fad, aber nicht peinlich. "Betting On Us" ist nicht komplett missraten, erreicht aber allen Versuchen zum Trotz auch keine nennenswerte emotionale Tiefe. Der Closer "Starring Role" beendet die Abfolge besserer Songs mit billigen Claps und einem Soundbrei aus unmotiviertem Gesang und einer Wall of Sound aus Rigips. Nathan Willett sollte dringend aufhören, alleine für das Songwriting verantwortlich zu zeichnen, will er den völligen Kollaps seiner Band noch verhindern.
1 Kommentar
Tragisch, was aus der Band wurde.