laut.de-Kritik
Silbensalat aus einer pinken Wolke.
Review von Philipp KauseNein, allzu tief schürft Demi Lovato auf ihrem Album nicht. Nett ist "It's Not That Deep" trotzdem, tischt überdurchschnittlich emotionale Dance-Musik mit Vokal-Steigerungskurven bis an den Rand der Übersteuerung auf und geschmackvoll und lustig zerhackstückte Wörter, die sich in Silbensalat-Stakkato verwandeln ("Fast", "Ghost").
Der gesamte Longplayer macht zwar nicht so viel anders als manches, was man schon vor Jahrzehnten von Kylie Minogue kannte, im Prinzip. Aber gut, in den Feinheiten zeigen sich Differenzen: Das Tempo ist im Durchschnitt höher, mit rasanten, mitreißenden Tunes wie "Here All Night". Die Produktion wirkt insgesamt modern, trashig bisweilen, aufgedreht, plakativ, prall. Die Beats pflegen fast durchweg einen härteren Anschlag, peitschen gnadenlos (nur in "Before I Knew You" beruhigt sich das Geschehen ein bisschen). Auf Dauer nutzt sich das bei lauter zweieinhalb bis drei Minuten kurzen Stücken ab, denn sie kochen rasch auf und glühen fast alle bis zum Anschlag. Dekliniert Demi das Song für Song durch, gerät es ein bisschen zur Masche. Allerdings wird man das Album in einem Club auch nicht in dieser Abfolge mit elf Tracks am Stück serviert bekommen, und genau dort gehört der Sound hin. Um so mehr beeindruckt, wie unermüdlich der Sound knackige Beats mit der sehr präsenten Stimme kombiniert, "begging for the bass 'til it's hitting me right / sweatin' on the dancefloor under the lights".
Manchmal bauen die Synth-Gerüste interessante Effekt-Schnörkel ein, die über schnöden Dancepop hinaus reichen, etwa in "Frequency". Hier fächert die 31-jährige Sängerin von lasziv-rauchigem Sprechgesang der Marke Madonna/"Vogue", über Autotune, bis zu gepitchter Stimmverfremdung verschiedene Ausdrucksweisen auf, die sie so zu bieten hat. Durch diese Lebhaftigkeit fällt aber nur besonders auf, wie flach mittendrin ein unkreatives Gestampfe wie "Sorry To Myself" wirkt, das geplärrte Vocals, Humpftata-Claps und eine typisch trübe 80er-Cold War-Melodie kombiniert. Wie gewonnen, so zerronnen: Dieser Eindruck wiederholt sich beim Pendelschlag zwischen wagemutigeren und vorhersehbaren Songs.
Jenseits weitgehend durchschnittlicher, situativer Lyrics aus dem Themenkreis Tanz, Verführung, Anziehung, Intimität, Nachtleben, Abstoßung, Trennung, Abscheu, Vergessen, Chat-Content und immer wieder Ärger über die eigene Naivität ("funny how the world looks in a pink cloud", "I missed the red flags") fallen selten unalltägliche Formulierungen. Die Texte sind meist innere Monologe voller Aufarbeiten eigener Wahrnehmungsmängel, Fehlentscheidungen und Loslösung aus nicht so wohltuender Zweisamkeit.
Insbesondere "Say It" hat mit seiner eingängigen Hookline den Willen zum Hit. Auffällig setzt sich auch die unwiderstehliche Pathos-E-Orgel in "Let You Go" durch, eine weitere Eighties-Referenz, wie sie sehr ähnlich schon vor ein paar Jahren Julia Michaels in ihrem hymnischen "Little Did I Know" brachte.
Gemessen an den vielen Spielarten von Zara Larssons neuer Platte, verglichen mit der durchdringenden Melancholie bei Marina oder den Rupturen in manchen "Eusexua"-Tracks bei FKA Twigs, hat das Jahr schon interessantere Alben im Spielfeld von Electro und Dance gezeitigt. Voraussetzungen waren gegeben: Zhone (Kevin Hickey), witzigerweise auch beteiligt am letzten Minogue-Album, hatte vier Tracks zu Zara Larssons "Midnight Sun" beigesteuert, bei Demi nun alles produziert, aber hier entfaltet sich sein Talent nicht so sehr. Das ist solides Entertainment mit Highlights und smartem Cover-Artwork, aber nichts besonders Innovatives.


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