laut.de-Kritik
Der nationalen Schwarzmetall-Konkurrenz haushoch überlegen.
Review von Alex Klug"Ich weiß nicht, warum ich das tue, es ist fast ein innerer Zwang, der mich dazu treibt." Mit diesen Worten aus Marlen Haushofers Jahrhundertroman "Die Wand" starten Der Weg Einer Freiheit in Studioalbum Nummer vier. Was den Opener als pathosreiches Bekenntnis schmückt, hat die Gruppe um Mastermind Nikita Kamprad längst zum bandeigenen Erfolgsmantra umgebaut.
Während sich die einstigen Big Player im längst nicht mehr so undergroundigen deutschen Black-Metal-Business wahlweise mit Auflösungserscheinungen, repetitiver Belanglosigkeit oder Festanstellungen als vormittäglicher Wacken-Kirmestruppe konfrontiert sehen, haben sich Der Weg Einer Freiheit als damaliges Schlafzimmerprojekt rasch vom Bodensatz der hiesigen Schwarzmetallszene abgesetzt.
Und ebenjener innere Zwang ist es, der es Der Weg Einer Freiheit ermöglicht, innerhalb ihres nicht gerade abwechslungsreichen Dynamikspektrums immer wieder Raum für kleine heterogene Nuancen zu schaffen. "Aufbruch" verfällt nach einminütigem Intro in gewohnt hausgemachte Raserei, unterstreicht aber trotz kälterem Sound die spätestens seit dem Vorgänger "Stellar" intensivierte Liebe zum Delay-Pedal. Gut so. Völlig legitim. Denn während nicht zuletzt in Deutschland jeder zweite Gymnasiast ein One-Man-Post-Black-Metal-Nebenprojekt aus dem Boden stampft, beweisen die Würzburger seit ihrem Debüt aus dem Jahr 2009, dass sie ihr Songwriting nicht hinter waffenfähigen Effektboards verstecken müssen.
Bestes Beispiel hierfür der "Skepsis"-Zweiteiler, der in den meisten Momenten unmoderner nicht daherkommen könnte. Gerade der instrumentale erste Teil legt den Fokus auf all die Feinheiten, die unter dem für manch einen wohl Endstilleschen Dauergebolze versteckt sind: Säbelrasseln in der Rhythmusfraktion, schneidendes Lead-Geheule – auch die eine oder andere Ruhepause ist hier drin. Im zweiten Teil dann wieder Raserei im "Unstille"-Stil ("Lichtmensch"), verborgen hinter den Keif-Vocals schlummert hier wahrlich progressives Emperor-Griffbrettgeflitze.
Hand aufs Herz: Neuartig und ungehört ist das alles nicht. Aber eben auf verdammt hohem Niveau. Und gerade bevor man gewillt ist, Der Weg Einer Freiheit aus ihrem Wiederholungstäterdasein einen Strick zu drehen, lassen sie mit dem gleichnamigen "Finisterre" einen erschreckend starken Übertrack von der Leine. Dissonant, direkt, mit amtlichen Midtempo-Marduk-Rhythmen im Intro. Suchte der wohlwollende Hörer nach der kurzen, zaghaften (und bereits von "Stellar" gewohnten) Clean-Vocal-Passage im Opener vergebens nach weiteren unkonventionellen Ausrufezeichen, dürfte das Albumfinale dann auch endlich dem geneigten Trveheimer das liebevoll von Mutti aufgetragene Corpsepaint vom Gesicht schmelzen.
Von einem herrlich non-generischen Jazz-Interludium, das es dergestalt im nationalen Black Metal allenfalls auf Lantlôs' "Agape" zu hören gab, geht es direkt in ein von Streichern getragenes Finale über, das Kamprads kompositorische Schaffenskraft auf mehr als einem Gebiet unterstreicht. Nennt sie untrue, nennt sie Post-Black-Metal – nennt sie die Band, die wie derzeit keine zweite die Ästhetik früher nordischer Genre-Klassiker mit den atmosphärischen Benefits neuer Strömungen verknüpft.
2 Kommentare mit 10 Antworten
Da Farsot momentan eher altes aufwärmen und Lunar Aurora Geschichte sind, bliebe immer noch The Ruins Of Beverast als Alternative. Paar nette Momente gibt es bei Der Weg einer Freiheit durchaus, aber ein Gefühl von Intensität stellt sich im Gegensatz zu den genannten Bands eher nicht ein. Außerdem ging mir live ihre Musik damals zu sehr im Klangmatsch unter.
TROB wischen mit DWEF den Boden auf. Secrets of the Moon sind ebenfalls um Welten besser.
SOTM haben für mich auch ziemlich nachgelassen und "Exuvia" ist doch super.
Wozu eine Alternative, wenn man auch alle 3 hören kann. Und Secrets of The Moon... nach dem letzten Album? Puh.
Meinte auch, was es an aktuellen Veröffentlichungen gibt. Farsots "Failure" hat mich da nicht unbedingt vom Hocker gehauen. "III" läuft aber immer noch sehr gerne. Ebenso "Zyklus", " Hoagascht" und "Elixir Of Sorrow" von Lunar Aurora.
Ich finde "Failure" eigentlich gar nicht so übel, aber du hast schon Recht damit, dass es altes eher aufwärmt. Momentan bin ich auch ziemlich von "Hoagascht" besessen und froh, dass ich dem Album nach all der Zeit doch noch mal eine Chance gegeben habe. Die Atmosphäre ist einfach nur fantastisch. Wahrscheinlich ist es gut, dass sie nach dem Album aufgehört haben.
Die letzten TROB und SOTM sind beide top, allerdings hat erstere Scheibe wenig und zweitere null mit Black Metal zu tun.
Dieser Kommentar wurde vor 7 Jahren durch den Autor entfernt.
Dieser Kommentar wurde vor 7 Jahren durch den Autor entfernt.
Tendieren auch eher Richtung Death Doom, aber den atmosphärischen Ansatz von Black Metal hört man an manch einer Stelle schon raus.
Bezüglich "Hoagascht" kann ich das so unterstreichen. Die Atmosphäre hat mich schon beim ersten Hören total vereinnahmt und wahrscheinlich war es der bestmöglichste Zeitpunkt gewesen, einen Schlussstrich unter das Kapitel Lunar Aurora zu ziehen.
Wann kommt endlich mal eine Edit-Funktion?
Das fragen die Leute sich hier glaube schon seit Äonen.