laut.de-Kritik

Viel Power, wenig Ertrag.

Review von

Über 15 Jahre lang grüßten Disturbed vom oberen Ende der Nahrungskette, wenn es um episch arrangierten Modern Metal ging. Auf sechs Studioalben zelebrierten die Herren um Ausnahmesänger David Draiman die pompös produzierte Vereinigung von harten Riffs und nachhaltigen Harmonien.

Mit dem weltweiten Chartserfolg des Simon & Garfunkel-Covers "The Sound Of Silence" wendete sich dann das Blatt. Plötzlich liefen Disturbed im Radio rauf und runter, was die Band dazu veranlasste, ihre musikalische Ausrichtung ein bisschen anzupassen. Auf ihrem letzten Album "Evolution" präsentierte sich die Truppe aus Chicago fast schon handzahm und weit entfernt vom Härtegrad früherer Werke wie "Indestructible", "Ten Thousand Fists" oder "The Sickness".

Vier Jahre nach ihrer letzten Veröffentlichung wollen Disturbed nun wieder Boden gut machen bei all den Fans, die die Band schon seit den Anfangstagen begleiten. Stellt man nur die Soundausrichtung auf den Prüfstand, lässt sich schon nach dem ersten Durchlauf des neuen Albums festhalten, dass Disturbed genau da weitermachen, wo sie im Jahr 2015 mit "Immortalized" aufgehört haben. Von der ersten Sekunde an gibt der Vierer Vollgas und schmeißt alles in die Waagschale.

Gitarrist Dan Donegan zündet ein Riff-Feuerwerk nach dem anderen. Schlagzeuger Mike Wengren und Bassist John Moyers bilden zusammen ein knüppelhartes Rhythmus-Rückgrat, das sich von nichts erschüttern lässt. In vorderster Linie beeindruckt Shouter David Draiman mit seinem unnachahmlichen Gesangstil. Alles scheint perfekt zu sein. Der Fan der ersten Stunde reibt sich schon die Hände. Am Ende muss er allerdings feststellen, dass eigentlich keiner der zehn Songs irgendeinen bleibenden Eindruck hinterlassen hat.

Das große Problem von tight groovenden, metallisch scheppernden und satt produzierten Metal-Bulldozern wie "Hey You", "Bad Man", "Unstoppable" und "Part Of Me" ist, dass kein einziger Refrain im Ohr bleiben will. Strophe, Bridge, Draimans fesselnde Gesangsdramaturgie: Der Tisch ist reich gedeckt. Eigentlich ist alles angerichtet. Aber bis auf den finalen Chorus des Albums ("Won't Back Down"), der wenigstens erahnen lässt, zu was die Band im Stande ist, wenn wirklich alles rundläuft, bleibt auch nach dem dritten Durchlauf – wie schon erwähnt – nichts hängen.

Nicht einmal das schmachtende Powerballade-Duett mit Heart-Frontfrau Ann Wilson ("Don't Tell Me") sorgt für Gänsehautmomente. Der Versuch, den kultigen Hardrockschmalz von Lita Ford und Ozzy Osbourne ins Hier und Jetzt zu katapultieren und auf ein neues Level zu hieven, scheitert ebenfalls an der Refrain-Hürde.

Am Ende steht man als Fan irgendwie zwischen den Stühlen. Zum einen ist da eine große Freude über die zurückgewonnene Energie und die wiederbelebte Power der Band. Auf der anderen Seite würde man aber irgendwann auch gerne den einen oder anderen Chorus mitgrölen – klappt nur leider nicht. Im Fußball würde man jetzt ungefähr so resümieren: gutes Spiel, aber irgendwie wollte das Runde nicht ins Eckige.

Trackliste

  1. 1. Hey You
  2. 2. Bad Man
  3. 3. Devisive
  4. 4. Unstoppable
  5. 5. Love To Hate
  6. 6. Feeding The Fire
  7. 7. Don't Tell Me
  8. 8. Take Back Your Life
  9. 9. Part Of Me
  10. 10. Won't Back Down

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2 Kommentare

  • Vor einem Jahr

    Das Album ist ziemlich gut geworden. Hat Power und wird nicht langweilig.

    Warum allerdings das Parkway Drive-Album für seinen Stadionhymnen-Sound eher kritisch beäugt wird, und bei dieser Platte genau das vermisst wird, verstehe ich nicht ganz. Anyway 4*

  • Vor einem Jahr

    Eine Rückkehr zu alter Form. Wo das letzte Album „Evolution“ leider viel zu ruhig war und mit zu vielen Balladen, bietet „Divisive“ endlich wieder klassisches Disturbed. Die kompakte Laufzeit von 38 Minuten macht das Album außerdem sehr kurzweilig. Das beste Disturbed Album seit „Asylum“ von 2010.