laut.de-Kritik
Liebe klingt wie funky Disco-Pop (apparently).
Review von Janne StoltzeNach ihren letzten rap-lastigen Projekten, wie dem wütenden Statement von "Scarlet", bietet Doja Cat ihren Fans nun ein intimes, vom 80er-Disco geprägtes Pop-Album. Für "Vie" zog sie den Hit-Produzenten Jack Antonoff hinzu, und auch R'n'B-Sängerin SZA erscheint erfreulicherweise wieder als Feature. In süße Vocals verpackt Doja ernste Themen rund um love, sex und romance.
Mit der Single "Jealous Type" startete die Musikerin stark und gibt einen ersten Einblick in die Stimmung ihrer LP. Begleitet von atmosphärischen Synths und einem Funky Bass singt die 29-Jährige mit einer schamlosen Ehrlichkeit von ihrer eifersüchtigen Art. Der Song macht direkt Lust auf mehr.
Von einer tendenziell ungewohnten aber liebevollen Hingabe geprägt, zeigt sich die Sängerin auf einigen Stücken verletzliche. "Stranger" oder "All Mine" enthalten romantische Geständnisse, die dank Dojas cooler Wort- und Melodienfindung aber keineswegs kitschig klingen. In "Lipstain" kriegen wir sogar ein wenig Französisch zu hören: "it's giving romance - but make it sexy, not cheesy".
Doja Cat wäre aber nicht sie selbst, wenn nicht ein bisschen men rage auf ihrem neuen Album zu hören wäre. Auf dem dritten Track "Aaahh Men!" spielt sie gekonnt mit ihrer Stimme und rappt über das frustrierende Dilemma, in dem sich Frauen, die auf Männer stehen - diese aber nicht unbedingt mögen - heutzutage oft befinden. Erneut ins Gedächtnis gerufen wird damit ihr Song "Ain't Shit" vom Album "Planet Her", der bei Erscheinung ebenfalls für eine Balance aus Empörung und Anklang gesorgt hat. Selbst wenn der Text für den einen oder anderen Hörer mal wieder zu viel Men Hate zu bieten hat, kann man nicht leugne, dass "Aaahh Men!" catchy ist.
Gern gesehene Frauen-Power findet sich dagegen in "Gorgeous". Auf einem Beat der eher Trap- und R'n'B-Elemente enthält, singt Doja von Selbstliebe und Schönheitsidealen. Sie fühlt sich schön und hat keine Scham dies zuzugeben. Ein sehr wichtiges, aber langsam ausgelutschtes Thema. Ohne Dojas humorvolle Verbildlichung wäre dieser Song ein Skip.
Ein wenig flach war außerdem der einzige Feature-Song auf dem Album "Take Me Dancing". Wäre neben Doja und Sza nicht der Saxofonist Kenny G. im Hintergrund zu hören, bliebe das final ending des Tracks nicht mal erkennbar. Zugegeben lag die die Messlatte für eine erneute Doja Cat und Sza Kollaboration nach "Kiss Me More" aber auch im Himmel.
Der extreme Kurswechsel hin zum Pop ist die große Stärke des Albums, darin liegt aber gleichzeitig dessen größte Schwäche. Denn zum Einen beweist Doja Cat, dass Sie musikalisch durchaus vielfältig ist und keine Angst vor emotionaler Tiefe hat. Andererseits kann das Album besonders im Vergleich zu "Scarlet", zu monoton und zu passiv für Doja's Fans wirken, die ihre energiegeladene Brutalität gewohnt sind.
Zusammenfassend wurde hier jedoch ein lyrisch wie melodisch verspieltes Pop-Album produziert, das sich aus einer ausgewogenen Synthese von 80's Pop, R'n'B und Trap ergibt. Der für Doja Cat typische Kopfstimmengesang wird an den richtigen Stellen mit dynamischem Rap gebrochen, wodurch sie erneut ihr Rundumtalent beweist - auch wenn das in der Musikszene bereits lang bekannt ist. Dennoch macht "Vie" ganz deutlich, dass Doja sich nicht in eine Schublade stecken lässt.
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