laut.de-Kritik

Schöne Zurschaustellung eines 'anderen' Zeitgeistes.

Review von

Dass bei so immensem handwerklichem und kreativem Potential echte Perlen die bajuwarischen Musiklabors verlassen, ist im Grunde nicht erstaunlich. Johannes Enders blickt auf eine solide Ausbildung am Tenorsaxophon zurück, die ihn als Eleve u.a. nach New York zu Branford Marsalis und als Sideman in die Bands von Brad Mehldau und Jamaaladeen Tacuma führte. Ansässig bleibt er dennoch weiterhin im oberbayrischen Weilheim, um dort Kapellen wie The Notwist, dem Tied & Tickled Trio oder Mars Mobil sein Können zur Verfügung zu stellen.

Mit "Monolith" präsentiert Johannes Enders ein Mastermind-Album erster Güte. "Bei Enders Room kommt alles von mir, inspiriert natürlich von vielen Freunden, aber weit weg von den Ami-Geschichten". Damit befindet er sich auf der Höhe des europäischen Jazzzeitgeistes, der sich zunehmend von Big Brother USA emanzipiert. Die nordischen Kollegen Molvaer, Wesseltoft und Endresen haben zusammen mit französischen (Frederic Galliano) und englischen (Cinematic Orchestra) Kreativlingen der Eigenständigkeit europäischer Musikkultur deutliches Gehör verschafft.

Besonders die Nähe zu den cineastischen Werken von Jason Swinscoes Cinematic Orchestra fällt angenehm auf, obwohl die Drumarrangements bei Enders Room mit denen eines Cinematic Orchestra nicht mithalten können. "Enders Room ist eine Mischung aus akustischem Zeitgeist und Spaß am Frickeln" erklärt Herr Enders und schafft es damit, bei mir Unverständnis auszulösen. Warum hat er ausgerechnet bei den seit Drum'n'Bass so essentiell wichtigen Drumparts nicht bis zum bitteren Ende gefrickelt? Vielleicht liegt es daran, dass er sich erst "vor drei Jahren einen Computer zugelegt" hat?

Sei's drum, der gesamte Rest des Albums ist mehr als überzeugend. Gefüllt mit elf Titeln, die in "profaner Musikalität aller Beteiligten" (u.a. Wolfgang Muthspiel und Rebekka Bakken) gründen, zwingt er dem Zuhörer sein Verständnis von modernem Clubjazz auf. Die musikalische Verwirrung, die er nach dem ersten Hören hinterlässt, deute ich als positives Zeichen, sind doch 99% aller Veröffentlichungen auf den ersten Blick durchschau- und kategorisierbar.

"Monolith" schillert auffällig in diesem Veröffentlichungseinerleibrei und zwingt zum mehrmaligen Hören, um das Werk im persönlichen Musikverständnis einigermaßen verorten zu können. Aufgefasst werden darf dieses Phänomen als Beweis musikalischen Tiefgangs. In Zeiten Spears'scher Oberflächlichkeit eine schöne Zurschaustellung eines 'anderen' Zeitgeistes, der mich hoffen lässt. Denn "in einer Zeit der Medienflut muss man sich Räume schaffen, die Kreativität ermöglichen". Enders Räume!

Trackliste

  1. 1. Stereo
  2. 2. I Could
  3. 3. Seismo
  4. 4. Ukcm
  5. 5. Monolith
  6. 6. Unga
  7. 7. Bobby Land
  8. 8. Impressionist
  9. 9. Komu
  10. 10. Kyoto Remix
  11. 11. I Could (Reprise)

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