laut.de-Kritik
Metalcore kann doch noch was!
Review von Andreas DittmannDas Cover von "Ex Lives" zeigt ein Presse-Foto vom G8/G20-Gipfel 2010 in Toronto. Ein junger Demonstrant wird von mehreren Polizisten drangsaliert. Er trägt gut sichtbar ein Every Time I Die-Shirt. Ein Bild, das, wie die meisten der Demo-Fotos, gleichermaßen für die Ohnmacht und die Wut des Volkes den Obrigkeiten gegenüber steht. "Ex Lives" nimmt zwar nicht wirklich Bezug auf dieses Thema, steckt aber voller Wut-getränkter Songs.
Schon oft wurde Metalcore für tot erklärt. Every Time I Die geben darauf aber einen großen Scheiß und prügeln das Genre mit einer derben Portion Härte, Kreativität und Dynamik windelweich. Das zeigt sich mal in heftigen Double-Bass-Ballereien ("Touch Yourself"), dann wieder in wirrem Math-Gefrickel ("I Suck (Blood)") oder in melodischen manchmal auch sphärischen Parts ("Indian Giver" oder "Revival Mode").
Every Time I Die setzten, anders als viele Metalcore-Kumpanen, nicht auf Brachialität und fette Sounds, sonder auf fast schon punkigen Dreck. Die Gitarren kratzen, krachen und scheppern. Die Riffs grooven oft im Mid-Tempo-Bereich umher, brechen aber immer wieder aus und richten dann ein Prog-Metal-lastiges Chaos an.
Gerade wenn man meint, man hätte eine Idee, wie das Albums klingen mag, scheppert auf "Partying Is Such Sweet Sorrow" auf einmal ein Banjo aus den Boxen. Das wird zwar kurze Zeit später von der Band kaputt getreten, den relaxten Südstaaten-Flair wird der Song aber trotz Gebrüll und Geknüppel nicht mehr los.
"Underwater Bimbos From Outer Space" starrtet ganz klassisch mit Gebrüll: "I want to be dead with my friends", weil: "I refuse to be the only man, put to rest in a mass grave". Die Gitarren rasten komplett aus, zerstören sich praktisch selbst und landen in einem mörderischen Break-Down. Davor darf Keith Buckley aber noch richtig singen und klingt dabei erstaunlich entspannt und ruhig.
"Holy Book Of Dilemma" und "A Wild, Shameless Plain" verzichten auf Firlefanz wie Gesang und lassen lieber in weniger als zwei Minuten die komplette Hardcore-Vernichtung über den Hörer einbrechen.
"Ex Lives" kombiniert die Wut und Kompromisslosigkeit von Sick Of It All mit der manischen Kreativität von Dillinger Escape Plan, wirkt aber längst nicht so anstrengend, da Every Time I Die immer wieder Verschnaufpausen gönnen und ihre Songs mit einer entspannten Leichtigkeit anpacken. So klingt das Album längst nicht so verbissen und gezwungen wie viele andere des Genres.
5 Kommentare
tja, totgesgate leben eben doch länger \m/
Stimme sagt mir nicht zu, Instrumentals klingen oftmals sehr ähnlich. 1½ Sterne von mir.
Genial! Besser geht eigentlich kaum noch
@MachMaLauter: scheint nicht deine Art Musik zu sein? Denn fans von Etid hören da jeden Unterschied und grade die Instrumentals sind soo genial bei der Band. Und der Sänger gehört wohl zu den Besten seines Fachs
Metalcore gönn ich mir in kleinen Dosen, und wenn dann aus San Diego.
anfangs gleich als sinnloses metalcore geblubber abgetan, dann aber irgendwann durch zufall erkannt dass das weit mehr ist. Starke mischung die alles andere als simples gekloppe ist.