laut.de-Kritik
Gospel-Hip Wop vom afrikanischen Rap-Pionier.
Review von Philipp KauseDieses Unikat lädt unmittelbar zum Fingerschnipsen, Mitsummen und Mitgrooven ein. Der Freddy, der im Titelsong einmal fast seine Zunge zu verknoten scheint, hat nichts mit Fat Freddy's Drop zu tun, allerdings waren die neuseeländische Band und der westafrikanische Gospel-Beatboxer mehrmals in den Line-Ups der gleichen Festivals vertreten. Die Anziehungskraft des Musikers aus dem Senegal besteht ähnlich wie bei FFD aus dem einmaligen Umgang mit verschiedensten Musikrichtungen, darunter auch Hip Hop-Techniken und dem Anspruch auf Konzerte, die man nicht vergisst.
Der letzte Release von Faada Freddy datiert geraume Zeit zurück, "Gospel Journey" (2015). So ungewöhnlich die Rezeptur war, zeigte das spannende Album doch ein gänzlich anderes Klangbild von Afrika als das, was man gemeinhin so im Ohr hat: Bei ihm liegen wie im Doo-Wop mehrere Schichten Stimme prominent übereinander. Ein stabiler Background-Chor ist das wichtigste Element in seinen Songs.
Und: Die Arrangements basieren 'nur' auf Mündern, Füßen und Händen. Obendrauf setzt Freddy dann Lead Vocals in form von Motivations-Vorträgen in geschliffenen, englischen Zeilen. Für so wenig Werkzeug klingt das Ergebnis verblüffend orchestral und von Lied zu Lied variabel. Durch den steten Offbeat wirkt das Human Beatboxing lange nicht so steif wie bei gewissen deutschsprachigen Vertretern, sondern eher an Reggae angelehnt.
Mal wähnt man sich eher in Sam Cookes 50er-Jahre-LPs zurückversetzt ("So Amazing"), mal könnte man sich den Faada im Vorprogramm von Ayo oder Michael Kiwanuka vorstellen. Dem Senegalesen gelingt ein ähnlicher Brückenschlag zwischen europäisierten Spielarten von 'Afro'-Folk und Soul, so im klagenden "Day To Day Struggle". Der Opener "Golden Cages" lässt nicht verkennen, dass wir es mit einem Pionier des afrikanischen Hip Hops zu tun haben, der in den '90ern mit seinem Trio Daara J breite Anerkennung fürs Rappen in der Sprache Wolof erntete.
Während eine gewisse Prägung durch den Spoken Word-Message-Soul von Gil Scott-Heron und Psychedelic-Funk von Sly Stone regelmäßig durchscheint, dürfte die EP in ihrer Kombi aus rhythmischer Quirligkeit, Soulfulness und fröhlich trauriger Vielschichtigkeit auch Fans von Nneka, Jon Batiste und Jan Delay ansprechen.
"Tables Will Turn" setzt Freddys Gospel-Reise von 2015 nahtlos fort. Während die Idee von Gospel-Chören über allem schwebt, hält Faada Freddy einen schicken Modern Church-Gottesdienst ab. Die Produktion aus Frankreich, wo immer noch viel vom Musikgeschehen des frankophonen Afrika zusammen läuft, und das Solo-Debüt damals auf Platz 22 chartete, hat zwar nur gut 17 Minuten Spielzeit. Sie erscheint aber immerhin auch auf Vinyl. Weniger ist hier mehr, denn um sich warm zu hören, braucht es dann doch ein paar Umdrehungen.
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