laut.de-Kritik
Die Elektro-Dance-Veteranen bitten zum letzten Tanz.
Review von Kai ButterweckEs war schon mindestens fünf vor zwölf, als sich Faithless im letzten Jahr dazu entschieden, die Reißleine zu ziehen und ihre 16-jährige Bandgeschichte ad acta zu legen. Denn ein weiteres Füllwerk à la "The Dance" oder "To All New Arrivals", und die Briten hätten wohl auch die letzten Erinnerungen an glorreiche "Sunday 8pm"- oder "Outrospective"-Zeiten in die Archive gejagt.
Schweren Mutes versammelt sich also das komplette Dance-Ensemble im April 2011 in der ehrwürdigen Londoner Brixton Academy, um zum letzten Tanz zu bitten. Natürlich lässt sich die Gefolgschaft nicht zweimal bitten, und so platzt das Venue erwartungsgemäß aus allen Nähten.
Mit einer Setlist, die so ziemlich alle Highlights der Bandhistorie abdeckt, geht es auch gleich vom Start weg in die Vollen; Strobogewitter, Fullsize-Stage-Belagerung und Handclap-Animationen inklusive. Die Stimmung im weiten Rund kocht bereits nach dem ersten Dreierpack, bestehend aus "Happy", "Sun To Me" und "All Races", ehe das komplett anwesende Kollektiv während "God Is A DJ" die Grundmauern der Halle das erste Mal auf Stabilität überprüft.
Die Wände halten stand, auch wenn Songs wie "Insomnia", "Mass Destruction" oder auch das abschließende Encore-Duo, "Muhammad Ali" und "We Come 1", die Bauherren das eine oder andere Mal in Angstschweiß versetzt haben dürften.
Mit pompöser Lightshow, einem durchweg treibenden Sound und einer Horde tanzwütiger Anhänger vor der Nase geben Maxi Jazz & Co. noch mal alles, um ein würdiges abschließendes Ausrufezeichen zu setzen. Das Genre hat die Club-Ikonen mittlerweile zwar längst überholt, doch selbst uninspirierte Neuware wie "Bombs" oder das im Zugabenteil präsentierte "Music Matters" werden von den Jüngern der Combo abgefeiert, als gäbe es kein Morgen. Und sie haben auch allen Grund dazu, schließlich gibt es im Falle von Faithless einen solchen ja nicht mehr.
Im Grunde sollte die Szene dankbar sein, dass die Elektro-Veteranen kurz vor dem Abdriften ins musikalische Niemandsland die Segel streifen und nicht auf Teufel komm raus weiter Gehaltloses produzieren, bis auch noch der letzte Tropfen Lebenssaft aus ihnen heraus gepresst ist. So bleiben die Insulaner letztlich in wohliger Erinnerung, auch wenn die Performance bisweilen etwas steif wirkt und Sänger Maxi Jazz nur allzu oft gesanglich an seine Grenzen stößt.
Neben der DVD gibt es die Show obendrein noch als abgespeckte CD-Version obendrauf, die natürlich nicht ansatzweise mit dem optischen Zauber auf DVD mithalten kann und daher eher von sekundärem Wert ist. Was bleibt noch zu sagen? Nicht viel, außer: Kurve noch gekriegt, der letzte Tanz ist meist der Schönste, und sollte der Herrgott wirklich ein DJ sein, dann haben Maxi Jazz, Rollo und Sister Bliss – wenn es dann so weit ist – nichts zu befürchten.
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