laut.de-Kritik
Totgesagte leben länger. Oder sterben einfach nur gut vermarktet.
Review von Emil DröllVierzig Jahre nach "Falco 3" öffnet Sony wieder die Archivschublade, pustet den Staub von "Rock Me Amadeus" und nennt das Ergebnis "Falco 3 (Deluxe Edition)". Drei CDs, drei LPs, eine Prise Nostalgie – und eine ordentliche Portion Kalkül. Falco war nie billig. Heute ist er es auch nicht.
Vier Jahrzehnte nach seinem zweiten größten Wurf kehrt Falco zurück. Und siehe da: Er funktioniert immer noch. Vielleicht, weil seine Musik nie wirklich weg war. Das Remaster klingt erwartbar sauberer: klarere Höhen, knackigerer Bass, "Vienna Calling" im Dolby-Atmos-Himmel. Technisch makellos – was danach kommt aber leider auch etwas seelenlos. Ein weiterer digital auferstandener Toter, dessen Stimme man ein weiteres Mal durch die Maschine jagt. Und doch passt es irgendwie zu ihm, dem ewig Getriebenen, der schon zu Lebzeiten zwischen Genie und unfreiwilliger Marketingfigur pendelte.
Der Mann, der 1985 mit "Jeanny" die Nation spaltete, liebte Reibung, Unsauberkeit, Risiko – aber auch die Perfektion. Die Deluxe Edition dagegen riecht nach neuen Presswerken und absoluter Überladung, nicht nach Schweiß und Skandal. Und sie hat ein Problem, das jede Wiederveröffentlichung kennt: zu viel vom Gleichen.
Triggerwarnung: Amadeus. Zehnmal. Von der "Salieri Version" über den "America Edit" bis zur "Blank & Jones So8os Reconstruction" wird der Klassiker zu Tode remixt. Die US-Varianten polieren das Original auf internationale Radiotauglichkeit – lauter, glatter, länger. Aber was bleibt, ist ein Song, der mit jeder Minute ein bisschen mehr von seiner Verschmitztheit verliert. Erst die genannte Reconstruction, eigens für diese Edition erstellt, findet den Mittelweg: vertraut, aber frischer, wie Falco im Maßanzug von gestern mit neuen Manschettenknöpfen.
Wer tiefer gräbt, landet auf CD 3 ("The Single Edits, Live, Demo & Instrumental Versions"). Hier versteckt sich die vielleicht überzeugendste Variante – der "American Edit" von Boris Granich und Christer Modig. Danach wird's repetitiv. Warum man zehnmal denselben Track auf Vinyl klatschen muss, weiß wohl nur die Abteilung für internationale Vermarktung. Am ehrlichsten bleibt der Live-Mitschnitt vom Rathausplatz 1985: Falco, roh, exaltiert, virtuos.
Dann endlich: Bewegung. "Urban Tropical" bringt Funk und B-Seiten-Charme, "Vienna Calling" lädt zum Sightseeing durch die Hauptstadt – besonders die "Tourist Version", die mit Ansagen, Motorengeräuschen und Publikumssound arbeitet. Ein kleiner (aber alter) Geniestreich. Der "Vienna Girls' Sax Mix Max" tut, was der Name verspricht, und "Jeanny" schließlich zeigt, dass nur ein Song dieses Albums wirklich eine "Extended Version" verdient. Die englische Fassung erklärt, warum sich der nationale Single-Durchbruch nicht kopieren ließ: zu glatt, zu brav. Falco war eben am besten, wenn er in seinem Sprachmix war.
Auch sonst gibt's Kuriositäten: der "Rough Mix" von "It's All Over Now, Baby Blue" (Bob Dylan und, in diesem Fall auch erwähnenswert, Münchener Freiheit), bei dem das Saxophon mehr Präsenz bekommt; "Without You", ein Outtake, das 1985 live gespielt wurde und nun auch nochmal sein Rampenlicht erhält; und das Live-Duett "Flyin' High" mit Opus, ein überraschend lebendiger Moment inmitten all der digitalen Politur. Genau diese Stücke rechtfertigen die Edition – nicht die zigfach aufgewärmten Singles.
Am Ende bleibt ein Paradoxon: Einerseits - meint man es wohlwollend - die liebevolle Restaurierung eines Klassikers, andererseits das symptomatische Ausschlachten seiner größten Hits. Zehnmal "Rock Me Amadeus" – ernsthaft? Weniger wäre hier mehr gewesen. Mehr Mut, mehr Kontext, weniger Recycling.
Das Remaster überzeugt. Der Rest ist Bonusmaterial für Komplettisten. Einige Versionen verdienen den Weg in die Playlist, aber wer legt sich drei Platten auf, um drei Songs insgesamt 22 Mal (!) zu hören? "Falco 3" bleibt ein Meisterwerk. Die Deluxe Edition ist das glänzend restaurierte Abziehbild: schön anzusehen, aber kaum aufregend.
Die Moral von der Gschicht'? Totgesagte leben länger. Und manche sterben einfach nur besser vermarktet.


3 Kommentare mit 5 Antworten
Kann die Faszination von Falco zwar total nachempfinden, kann mir jedoch ehrlicherweise höchstens 4-5 Songs von ihm geben. Vieles wirkt auf mich zu gewollt, zu erzwungen, zu auf irgendeinen Punkt hin komponiert, dann doch irgendwie meistens Durchschnitt - von seinen schwachen Alben mal ganz zu schweigen. Leider konnte ihm keiner mehr erzählen, dass sein Song "Egoist" damals schon falsch gedichtet wurde. Wie wir ja alle mittlerweile wissen, müsste es "Narzisst" heißen, hat aber nur zwei Silben. Nicht gut gealtert.
Probs für den letzten Satz, @Dröll
.
Ein Narzist ist etwas anderes als ein Egoist.
Jaa - erzähl das mal halt Falco. Merktste was?
Nur so aus Interesse: Wie grenz du Egoismus von Narzismus ab und welche Stellen im Text zeigen für dich, dass es sich nicht um einen Egoisten, sondern um einen Narzisten handelt?
Naja, in dem Song geht es ja um eine Beziehung auch zu Anderen in Kombination mit einer Selbstüberschätzung bezüglich einer nicht vorhandenen Selbstkritik ("obwohl ich durchaus kritisch bin"). Am Ende spricht "Falco" darüber, was andere über ihn denken könnten, wie sie ihn einordnen, bewerten bzw. zu schlecht zu bewerten. Bin mir sicher, dass Falco heute den Begriff "Narzisst" gewählt hätte: "Na-Narzisst" hätte die fehlende Silbe ausgleichen können. Ich sehe die Bunte-Artikel vor mir, in denen erklärt wird, was ein Narzisst ist und wovor man sich lt. Falco in Acht nehmen sollte. Übrigens sind die meisten Narzissten Männer - hat man zumindest festgestellt. Irgendwie fallen sie ja dann doch relativ schnell auf.
wenn du dich näher mit falco beschäftigt hättest, wüsstest du, dass dein posting "falsch gedichtet" ist...
u wie wir ja alle mittlerweile wissen, haben narzissten nicht die fähigkeit sich selbst zu reflektieren u sich als einen solchen zu bezeichnen...qed heißt das lied "egoist"...
sorry ein zwei Lieder von dem Herrn i.O. der Rest ... sollte man nach all den Jahren den Mantel des Schweigens darüber ausbreiten.
wenn du dich näher mit falco beschäftigt hättest, wüsstest du, dass dein posting "falsch gedichtet" ist...
u wie wir ja alle mittlerweile wissen, haben narzissten nicht die fähigkeit sich selbst zu reflektieren u sich als einen solchen zu bezeichnen...qed heißt das lied "egoist"...