laut.de-Kritik
Da fangen sogar die Wikinger das Heulen an ...
Review von Michael EdeleWenn ein Sänger die Band verlässt, ist das immer ein einscheidendes Erlebnis, und manch eine Band konnte daraufhin nie mehr an die alte Klasse anknüpfen. Ob auch Flowing Tears mit diesem Problem zu kämpfen haben, soll das neue Album "Razorbliss" zeigen.
Irgendwie bin ich mir nicht so sicher, ob Helen den Platz ihrer Vorgängerin wirklich so ganz ausfüllen kann. Ein direkter Vergleich ist eigentlich nicht möglich, da die Stimmlagen der beiden doch recht unterschiedlich sind, jedoch bin ich schwer dazu geneigt, ihrer Vorgängerin Stephanie ein größeres Stimmvolumen zu bescheinigen.
Was die Ehemalige der Neuen ebenfalls voraus hatte, war eine sehr eigenständige Stimme, die sehr viele Emotionen transportieren konnte. Bei Helen fühle ich mich des öfteren an Mariana Holmberg von Left Hand Solution erinnert, deren Klasse sie aber nicht ganz erreicht. Ab und an schimmert auch ein wenig Cristina Scabbia durch, aber ein gewisses eigenes Charisma will ich der Dame ja gar nicht absprechen.
Immerhin ist man als SängerIn ja auch nur so gut wie der Rest der Band, und auch dem kann ich auf "Razorbliss" nicht wirklich viel abgewinnen. Die Aha-Effekte tauchen bedauerlicherweise zu selten auf, und es will sich einfach kein Song auf Dauer im Langzeitgedächtnis festsetzen. Den zwölf sehr basslastigen Stücken fehlt einfach der entscheidende Moment, in dem ein Song wirklich durchstartet oder zumindest richtig zugreift.
"Mine Is The Ocean" ist noch am ehesten so ein Song, jedoch sollte das nicht erst mit dem neunten Track passieren. Was mir auch nicht so recht gefallen will, sind die stellenweise übermächtigen Keyboards und Chöre. Bei "Ballad Of A Lonely God" fangen sogar die Wikinger das Heulen an.
So leid es mir tut, aber mit "Razorbliss" können Flowing Tears weder an "Serpentine" anknüpfen, noch etwas stärkeres präsentieren. Anstatt auf rockigere Stücke zu setzen und den Songs einen anständigen Drive zu verpassen, haben sie sich zu sehr auf Keyboards verlassen, schade eigentlich.
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