laut.de-Kritik

Vintage-Melancholie, Herbstsoul und knisternder Groove.

Review von

Zwei Jahre nach "Ways Over Water" bläst Fritz Kalkbrenner zum "Grand Départ", dem großen Aufbruch. Nächste Ausfahrt Abfahrt. Vintage-Melancholie, Herbstsoul und knisternder Groove, das hatten wir uns erhofft. Und das bekommen wir bei den meisten der dreizehn Stücke dann auch. Fritz vereint hier erneut deutsche Gründlichkeit mit kosmopolitischer Klanggestaltung. Fette Disco-Klatscher wie "Center To Center" erinnern seitens des Grooves zwar ein wenig ans Brüderchen und sein Alice im Wunderland-Lied, fetzt aber trotzdem. Sound-Nerds können sich hier auch über den Einsatz des klassischen Delay Effekts Captain Justice freuen, den man nur selten in zeitgenössischen Produktionen hört.

Der ehemalige TV Journalist verfügt ohne Zweifel über eine sehr charismatische Stimme, die jedoch leider bei diesem erneuten Anlauf nicht sehr variabel daherkommt. Ebensowenig überzeugen die banalen englischen Texte. Sie wirken vielmehr wie aus dem deutschen übersetzte Glückskeks-Sprüche. Wer aber aufs rein Phonetische anspringt, für den mag das sonore Organ sicherlich eine Bereicherung für manch Instrumental sein ("In This Game").

Dabei wären die Tracks von Ihrer Instrumentalität und Fülle gar nicht zwingend auf Vocals angewiesen, Nummern wie "Rain Parade" glänzen und pulsieren auch so sehr eindrucksvoll, die knackige Kickdrum tut ihr Übriges. Auch das Arrangement überzeugt und baut sich konsequent bis zum schönen Orgelbreak auf. Eine sehr unangestrengte und relaxte Euphorie macht sich breit, die auch bei deep jazzigen Stücken wie "Inside" überaus angenehm wirkt. Das Jazz-Moment steht Fritz überhaupt sehr gut zu Gesicht, hier kann er sich musikalisch austoben, ohne das Gerüst des Techno-Tracks verlassen zu müssen.

"A Good Day" ist ein weiteres, gelungenes Beispiel für diesen Versuchsaufbau. Scheppernde Hi-Hats, chilliges Xylophon und gedämpfte Bläser, die man gut und gerne auch The Notwist zuschreiben könnte. Hier hat Kalkbrenner wirklich ein sehr gutes Gespür für Stimmungen und Komposition bewiesen und gleichsam sein Schaffen auf ein anderes Niveau befördert. Live spielen bedeutet dem Berliner sicherlich mindestens so viel wie die Arbeit im Studio. Wäre sehr interessant zu sehen, ob sich bei der Live-Präsentation von "Grand Départ", passend zum "Changing Face", auch mal ein neues Setup, etwa mit Live Musikern umsetzen ließe.

Trackliste

  1. 1. Don't You Say (05:01)
  2. 2. Center To Center (06:06)
  3. 3. In This Game (05:41)
  4. 4. Rain Parade (06:58)
  5. 5. Again (05:08)
  6. 6. Juneau (06:28)
  7. 7. It Takes A Fool (06:45)
  8. 8. Cerulean (05:51)
  9. 9. Hearts & Hands (05:49)
  10. 10. Rouleur (06:11)
  11. 11. Inside (06:25)
  12. 12. A Good Day (06:30)
  13. 13. Changing Face (05:44)
  14. 14. In This Game (radio edit) (03:21)
  15. 15. Inside (radio edit) (03:12)

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