laut.de-Kritik

The Alchemist, Oh No und Freunde auf Weed und knochentrockenen Beats.

Review von

Nach langer Wartezeit ist es nun also da, das Kollabowerk der beiden Westküsten-Beatbauer Oh No und Alchemist. Auch wenn die Kundenliste der beiden viel unterschiedlicher nicht ausfallen könnte, verbindet sie doch die Vorliebe für knochentrockene, unverwässerte Beats – und Weed!

Eigentlich müsste man eine Plattenkritik von "Gutter Water" aus zwei Perspektiven schreiben: Einmal nüchtern, einmal in dem Zustand, in dem die beiden Protagonisten diese Platte eingespielt haben. Da mir eine Review aber nicht wert ist, wieder damit zu beginnen, das Grüne einzurollen, überlasse ich diese Sichtweise den Lesern.

Ich kann mir jedoch gut vorstellen, dass man unter dem Einfluss des bewusstseinerweiternden Krauts gedankenverloren einem Basslauf folgen kann, die atmosphärischen Samples den Höhenflug noch verstärken und eine Punchline wie "I stay high like the pussy of a giraffe is" für minutenlanges Totlachen sorgen.

Doch auch ohne Hilfsmittel ist "Gutter Water" eine kurzweilige Angelegenheit. Dass diese beiden Produzenten ihr Handwerk verstehen, muss wohl kaum noch speziell hervorgehoben werden, ebenso wenig, dass sie am Sampler größere Leistungen vollbringen, als am Mic. Tiefgründiges hat wohl aber auch kaum jemand ernsthaft erwartet. Sucht man so etwas Ähnliches wie einen roten Faden, wird man einzig beim immer wiederkehrenden Thema Weed fündig.

Ganz anders als sein Bruder Madlib gefällt Oh No mit einer äußerst kraftvollen Vortragsweise. Etwas gelassener geht es Alchemist an, der mir mal in einem Interview augenzwinkernd diktierte: "Ich weiß dass ich schlecht bin, und trotzdem kann ich einfach nicht aufhören zu rappen. Keine Ahnung, was los ist." So schlimm ist es freilich nicht, trotzdem schaden die zahlreichen Gäste auf den 15 Songs keinesfalls.

Die Gästeliste rekrutiert sich aus den Freundeskreisen von Alchemist (Evidence, Fashawn, Planet Asia, Big Twins) und Oh No (MED, Roc C, Guilty Simpson, DJ Romes). Der einzige überraschende Gaststpitter, Raekwon, ist leider auf dem von Alchemist reichlich saftlos produzierten Titeltrack untergekommen.

Tatsächlich haben sich bei Alchemist einige eher uninspirierte Beiträge eingeschlichen, wie etwa das vor sich hindümpelnde "Get Into Some Gangster Shit" oder das nicht viel spannendere "Breathing Down Yo Neck". Mit "Brass Knuckle Rap" gelingt ihm dafür ein schön grimmiger Beat, der auch die perfekte Unterlage für Gast Guilty Simpson darstellt. "Not High Enough" hätte auch Mobb Deep gut zu Gesicht gestanden.

Oh No lässt auf seinen sieben Beiträgen, mit Ausnahme des nervtötenden "Ransom", nichts anbrennen und kombiniert gekonnt düstere Streichersamples, Vinylknistern, nervöse Pianos sowie dreckige Drums und erschafft immer wieder schöne Collagen. Ihm glückt mit "Wassup Wassup" dann auch der Banger, den man erwartet, wenn Evidence und Fashawn für Gastverse vorbeischauen.

"Gutter Water" bietet besonders für alle Beatnerds durchaus solide Unterhaltung. Doch von zwei Schwergewichten darf man einfach noch mehr erwarten, das wirklich prägnant aus dem Mittelmass heraussticht. Denn ein Meilenstein, den man bedenkenlos in einem Atemzug mit dem Jaylib-Album nennen könnte, ist diese Platte leider nicht geworden. Oder vielleicht liegt es doch daran, dass ich einfach "Not High Enough" war.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Boss Shit
  3. 3. Not High Enough
  4. 4. Gutter Water feat. Raekwon
  5. 5. Get Into Some Gangster Shit feat. Planet Asia
  6. 6. Take Drugs
  7. 7. Chain Swinging
  8. 8. Wassup Wassup feat. Fashawn & Evidence
  9. 9. All Bad
  10. 10. Breathing Down Yo Neck feat. MED
  11. 11. From Another Orbit feat. Roc C
  12. 12. Ransom
  13. 13. Standing In The Shadows
  14. 14. Brass Knuckle Rap feat. Guilty Simpson
  15. 15. Not Leaving feat. Big Twins

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