laut.de-Kritik

Live auf der Bühne oder live aus dem Studio?

Review von

Als Cover für das Livealbum zur Comeback-Tour muss der computergezeichnete Stageplan herhalten, der eine monströse Inszenierung erahnen lässt. Die Bühne ist beinahe Rolling Stones-Gigantomanie. Das Intro "Dukes", angelehnt an das gleichnamige 1980er-Album, eröffnet "Live Over Europe". Das Thema besteht aus einem Muster von nur drei Tönen, gespielt in unterschiedlichen Akkordlagen. Hier wird bereits klar: Wir sind wieder in den Achtzigern.

Der damals neuartige, heute aber eher nervige Saw Lead-Synthie strickt einen eisernen Klangteppich, der gegen Ende des Konzerts auf eine Länge von gut einem Kilometer angewachsen sein dürfte. Immer wieder versucht Rutherford, mit seiner Gitarre durchzustechen und sich mit schnellen Läufen ein vernünftiges Solo aufzubauen. Gelingt ihm nicht wirklich. Demotiviert beschränkt er sich schließlich auf die längeren hohen Töne – die hört man wenigstens.

Es folgt "Turn It On Again", einer weiteren Single vom Anfang der Achtziger. Jetzt fängt Phil Collins endlich mal an zu singen; insgesamt kommt der Track aber nicht recht in Fahrt, was daran liegen könnte, dass der Synthesizer durch Klavier und subtil verzerrten Rutherford ersetzt worden ist. Bis sich kurz vor Schluss der Saw Lead wieder durch das Klangbild sägt.

Im Laufe der ersten CD kommen noch zahlreiche Hits wie "No Son Of Mine", "Land Of Confusion" und "Follow You, Follow Me". Allerdings fällt es mir schwer, den Songs etwas Besonderes abzugewinnen. Sie beweisen zwar einmal mehr, dass Genesis ausschließlich aus Perfektionisten bestehen - alles wird mit einer ingenieurhaften Genauigkeit gespielt -, doch Interpretation und Arrangement lassen hier zu wünschen übrig.

Das hört sich alles sehr studiolike an. Was fehlt ist das Gefühl, dass die Band alles gibt, dass man sich in einem Stück komplett verliert, weil man nicht weiß, was als nächstes kommt. Ähnlich verhält es sich bei "Invisible Touch", "Mama" und "I Can't Dance" auf der zweiten CD. Zum Glück gibt es da aber noch Stücke wie "Home By The Sea" oder "Domino". In ihnen wird der Jam Session etwas Raum eingeräumt.

Zwar jammt meistens nur Tony Banks am Keyboard und Mike Rutherford an der Gitarre: Banks legt zunächst ein paar perverse Akkorde, diese lösen sich wenig später wieder in Wohlgefallen auf, Rutherford steigt schließlich mit Rhythmusgitarre ein und spielt dann sein Solo. Sechzehntelpassagen sind das höchste der Gefühle. "Live Over Europe 2007" ist vorrangig für alteingesessene Genesisfans gedacht, die sich seit 1996 nach einer Wiedervereinigung sehnen.

Trackliste

CD 1

  1. 1. Dukes (Intro)
  2. 2. Turn It On Again
  3. 3. No Son Of Mine
  4. 4. Land Of Confusion
  5. 5. In The Cage
  6. 6. Afterglow
  7. 7. Hold On My Heart
  8. 8. Home By The Sea
  9. 9. Follow You Follow Me
  10. 10. Firth Of Fifth
  11. 11. I Know What I Like - In Your Wardrobe

CD 2

  1. 1. Mama
  2. 2. Ripples
  3. 3. Throwing It All Away
  4. 4. Domino
  5. 5. Conversations With Two Stools
  6. 6. Los Endos
  7. 7. Tonight, Tonight, Tonight
  8. 8. Invisible Touch
  9. 9. I Can't Dance
  10. 10. Carpet Crawlers

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10 Kommentare

  • Vor 17 Jahren

    Das ist wohl die schlechteste Kritik die ich je gelesen habe. Das kann doch nicht war sein das man Perfektion als Negativbeispiel verwendet. Unter aller Sau!

    So, Genesis Live over Europe zählt für mich zu den Besten Live Platten aller Zeiten. Sie kommt in die Sparte der P.U.L.S.E von Pink Floyd. Live over Europe gibt die hervoragende Tour des letzten Sommers perfekt wieder.

    Wer ein Beweiß benötigt, der soll einmal "Los Endos" hören und zählen wieviele Gänsehäute er bekommen hat!

  • Vor 17 Jahren

    @Butsch (« Das ist wohl die schlechteste Kritik die ich je gelesen habe. Das kann doch nicht war sein das man Perfektion als Negativbeispiel verwendet. Unter aller Sau! »):

    ..also ich würde mir nie im leben ein live album kaufen, wenn die songs genauso klingen wie im Studio, das is doch schwachsinn..
    es kann/soll in meinen Augen sogar einige Ecken und Kanten haben..
    von dem her versteh ich die Kritik..

  • Vor 17 Jahren

    @asaro (« @Butsch (« Das ist wohl die schlechteste Kritik die ich je gelesen habe. Das kann doch nicht war sein das man Perfektion als Negativbeispiel verwendet. Unter aller Sau! »):

    ..also ich würde mir nie im leben ein live album kaufen, wenn die songs genauso klingen wie im Studio, das is doch schwachsinn..
    es kann/soll in meinen Augen sogar einige Ecken und Kanten haben..
    von dem her versteh ich die Kritik.. »):

    .

  • Vor 17 Jahren

    "Eine schöne Erinnerung an die Konzerte sin"d sie trotzdem. "

    ich glaube, genau das ist der punkt. wenn ein paar ältere herren auf tour gehen, um einfach mal routiniert spass zu haben, wendet sich solch eine scheibe doch sowieso an fans und neueinsteiger.
    da muss man m.E. nicht erwarten, dass auf einmal der kreative hammer kreist. is' doch aber schön zu sehen, dass es die alten haudegen noch gibt.
    ich für meien bescheidenen, höchst subjektiven teil, freue mich über ein durchschnittliches album überdurchschnittlicher künstler jedenfalls 100 mal mehr, als über jene dominanz der deutschen zweitklassigkeit, mit der "wir helden im juli auf dem silbermond" sind.

  • Vor 17 Jahren

    An alle, die diese CD erst noch kaufen:"VIEL SPAß"

    Genießt das In the Cage Medley. Diése getragene Version ist ahnlich wie die 74er Version von "The Lamb lies down on broadway". Das in the Cage Medley hat über 30 Jahre gebraucht bis es vollendet war. Jetzt ist es vollbracht, es hört sich perfekt an. Eine überragende "Cinema Show". Gänsehaut bei Mike's Bass-Pedal- Einsatz und bei dem mitreissenden Sound von Tony Banks.

    Der Gitarrist von Genesis seit 30 Jahren heißt ja bekanntlich Daryl Sturmer. Für mich einer der perfektioniertesten Gitarristen der Welt, präsentiert während des Medleys eine Meisterleistung. Ich weiß das mich jetzt viele wegen Herrn Hackett zerreißen werden, doch Herr Sturmer hat es sich nach dieser Tour und nach 30 Jahren im Hintergrund verdient hier erwähnt zu werden.

    "Duke's Travel", zum ersten Mal hier eingebaut, kommt nach dem 2. mal hören so rüber als hätte es immer dazugehört. Die drückende Stimmung und die Energie des Medley's staut sich 15 Minuten lang auf und entläd sich beim Höhepunkt des "Guide Vocal" Teils in das glanzvolle Meisterwerk "Afterglow".

    Die letzten 2 Minuten erscheinen dann wie eine Sonne die nach einem wunderschönen Tag untergeht. Man fühlt sich während diesem Instrumentalen Teil wie der König der Welt, wie der coolste Typ der Stadt, genauso wie vor 30 Jahren!

  • Vor 16 Jahren

    Gordon Buschle scheint kein Freund des Pop-Rocks von Genesis zu sein. Muss er ja auch nicht.

    Nick Davis hat hier wieder saubere Arbeit geleistet und die Platte in gewohnter Perfektion abgemischt.

    Wem das zu steril ist, dem empfehle ich die Encore-Serie. Man kann sich jedes Konzert der Tour zulegen, ungeschminkt und ungeschnitten. Die CDs gibt es hier: http://themusic.com/encore/genesis2007/

    Welche Art des Mitschnitts Ihr auch lieber mögt, Musik von Genesis ist einfach geil!

    Gruß
    PL