laut.de-Kritik

Ein rasender, irrwitziger Flow, originelle Lyrics und soulvolle Beats.

Review von

"Introducin, the Ghost..face.. Killah! No one could get illa", krakeelte ein gewisser Ol'Dirty Bastard 1993 beim Song "Da Mystery Of Chessboxin'". Und das angesprochene Wutang-Mitglied versucht seitdem auch alles, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Ein rasender, irrwitziger Flow, originelle Lyrics und soulvolle Beats zeichnen seine zwei erfolgreichen Soloalben "Ironman (96)" und "Supreme Clientel (99)" aus. Aber gemach, gemach. Bevor die Lobeshymne für seinen dritten Streich "Bulletproof Wallets" beginnt, muss ich noch etwas Wichtiges los werden. Die Tracklist auf dem Backcover und im Booklet ist vollkommen durcheinander geraten. Peinlich, peinlich. Es sollte euch also nicht wundern, wenn die Reihenfolge der Songs, die ihr hier bei Laut seht, nicht mit der euer LPs und CDs übereinstimmt. So, nun steht der Review des besten Hip Hop/Rapalbums der zweiten Jahrehälfte 2001 nichts mehr im Wege.

"BPW" sollte man zuerst im Kontext seiner früheren Werke sehen. Die ersten Wutang-Soloklassiker "Only Built For Cuban Links" (Raekwon) und "Liquod Swords" (Gza) sind gerade auf Grund ihrer einheitlichen Atmosphäre und inneren Geschlossenheit so legendär. Ghosts Debut "Ironman" (96) enthielt zwar schon Soulsamples und Filmzitate, doch sein Flow war noch nicht ausgefeilt und die Songs zudem über einen längeren Zeitraum aufgenommen. So wirkte die Platte eher wie eine bloße Aneinanderreihung von Tracks. Erst mit "Supreme Clientele" (99) kann er an die genannten Klassiker anknüpfen. Originelle Skits, 70er Jahre Soul-Samples, unsaubere Loops ergeben mit Ghosts schrägem Gesang und extrem schnellen Slang-Rap eine tighte Einheit. Und wo "SC" aufhört, setzt "BPW" an. Wegen des Chaos auf der Trackliste folgt jetzt eine Song-auf-Song-Kritik.

"Intro" (feat. Raekwon): Ghostface und sein liebster Wu-Partner Raekwon unterhalten sich über die Mafioso-Namen im Rapgame und finden heraus, dass sie die ersten waren, die damit 1994 angefingen.

"Maxine" (feat. Raekwon): Der Rza benutzt hier druckvolle Livedrums à la The Roots. Auch die Instrumente klingen fresh und von Hand bedient. Der Song entwickelt sich am Schluss gar zum reinen Living Colour-Crossover-Funk, ohne dass die Beats jedoch an Power abnehmen. Ghost kommt hier passend mit noch mehr Energie als sonst um die Ecke. Klasse.

"Flowers" (feat. Method Man, Raekwon, Superb): Im Internet geisterte dieser Track schon eine ganze Weile herum. Die neue Version ist aber wesentlich weicher. Die Streicher wirken jetzt fast beruhigend und auch der Beat schwebt sanft dahin. Method Man rappt selbst Ghost an die Wand. "Dancefloor packed in, whites, blacks and latins/All in together, together for worst or better/Now I put it down whether, I'ts Methy-Method or Method-ical/Rock, skate, roll, bounce/I'm bound to wreck ya body and say, "Turn the party out!"

"Never Be The Same Again" (feat. Raekwon, Carl Thomas): Oohh ja, so muss eine Rap/R'n'B-Kollabo klingen. Soulful, deep und smooth. Genau das Gegenteil also von Ja Rules oberflächlichen, einfach gestrickten Kommerzappeal. Die Songstruktur erinnert zuweilen an Bruda Svens "Ein und Alles" feat. Xavier Naidoo. Ach ja, für alle, die dachten, US-Rapper würden immer nur den Dicken schieben, hier der Gegenbeweis. "It's aiight tho, maybe he came up with the right dough, bigger dick, I don't know, musta been the best blow, this kinda sh*t every man goes through". Ghost wurde von seiner Frau betrogen, ihr versteht.

"Teddy-Skit": Kollege Trife gibt frivole Jugenderinnerungen zum Besten, und Ghost singt herzergreifend schmachtend. "Let’s Smoke Some Weed And Let Me Fuck You Too, Real Good."

"Theodore" (feat. Trife, Twiz): Der straighte Hip Hop-Beat wird von einer reizenden Glockenspielmelodie getragen. Den Hook trägt der Killah Himself gewohnt schräg vor. "Party People, You’re The Reason Why We Here Cause We’re Love The Game And Our Music Is Project."

"Ghost Showers": Das Lied könnte man als "Cherchez La Ghost" Part II sehen. Ghost samplet auch hier wieder einen zuckersüßen Popsong und verpackt ihn in ein schwitzend-bouncendes Gewand. Die Tanzflächen der Clubs werden explodieren, glaubt mir. Das Video dazu ist bereits in Arbeit.

"Strawberry" (feat. Killa Sin). Auf jedem Wutang-Album gibt es Tracks, die einen zum Mond fliegen lassen, die klassischen Wu-Banger. Frei nach Peter Steele, nämlich meistens "Slow, Deep and Hard", hier auch mit sägenden Keyboards inclusive. Lyrisch geht es um die Geschichte von "Ghost und dem Groupie".

"The Forest": Raekwon singt zu Beginn schön schief ein paar Takte von Louis Armstrongs "Wonderful World". Danach kreiert der Alchemist mit locker-flockigen Flöten einen Sound, als ob man sich im Wald befände. Doch die Lyrics von Ghost schießen den Vogel ab. Er rappt sich durch sämtliche Comedy-Figuren seiner Kindheit, ob sie nun Goofy, Scooby oder Kermit heißen. Unglaublich.

"The Juks" (feat. Trife, Superb): Auch hier zeigt der Alchemist mit einem bangenden Beat wieder, warum er zu Recht als der inoffizielle Nachfolger von Primo gilt.

"Walking Through The Darkness" (feat. Tekitha): Wu-Fans kennen den schnellen Song bereits vom grandiosen Ghostdog-Soundtrack. Es bleibt eigentlich alles beim altem. Ghost fügt dem erstklassigen Partytrack nur noch ein paar Raps und die Disco-Animation "Whoop, Whoop" hinzu.

"Jealousy" (Skit): Über den weiblichen Vocal-Loop "Jealousy", erzählt Ghost von dem leidigen Neid im Leben und im Rapgame.

"The Hilton" (feat. Raekwon): Der Song erinnert an "MGM" vom Wutang Forever-Album. Ghost und Rae erzählen eine fiktive Geschichte über eine Auseinandersetzung im Hotel Hilton. Man beachte den wirklich komischen Refrain.

"Interlude": Ein weiterer, kurzer Wu-Track, der es wert gewesen wäre, ihn auf mindestens vier Minuten auszudehnen, vergleichbar mit "Saturday Nite" von "SC". Die Stimme von Ghost passt perfekt zum orchestralen Soulloop.

"Love Session" (feat. Ruff Endz): siehe "Never Be Same Again"

"Street Chemistry" (feat. Prodical Sunn, Trife): Rau und ungeschliffen endet die Scheibe. Ein unsauberer Loop und dreckige Drums bilden das Fundament, über das Ghostface, Prodical und Trife ihre zornigen und druckvollen Raps legen.

Die zwei Songs "The Sun (feat. Rza, Raekwon und Slick Rick)" und "The Watch", die man bereits downloaden konnte und die schon für Freudentänze auf den Tastaturen der Internet-Headz sorgten, werden entweder als Bonus Tracks auf einer limitierten Edition von "BW" oder auf einem anderen Wu-Album erscheinen. Trotzdem verteile ich für die Beats und Raps fünf grüne Balken, muss jedoch ein Punkt wieder abziehen, da die Stärke des Albums gerade in der stimmigen Atmosphäre liegt. Die geht leider ein wenig verloren, wenn man die Songtitel gar nicht kennt und das Booklet eigentlich wegschmeißen kann.

Trackliste

  1. 1. Intro (feat. Raekwon)
  2. 2. Maxine (feat. Raekwon)
  3. 3. Flowers (feat. Method Man, Raekwon, Superb)
  4. 4. Never Be The Same Again (feat. Raekwon, Carl Thomas)
  5. 5. Teddy-Interlude
  6. 6. Theodore (feat. Trife, Twiz)
  7. 7. Ghost Showers
  8. 8. Strawberry (feat. Killa Sin)
  9. 9. The Forest
  10. 10. The Juks (feat. Trife, Superb)
  11. 11. Walking Through The Darkness (feat. Tekitha)
  12. 12. Jealousy (Skit)
  13. 13. The Hilton (feat. Raekwon)
  14. 14. Interlude
  15. 15. Love Session (feat. Ruff Endz)
  16. 16. Street Chemistry (feat. Prodical Sunn, Trife)

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