laut.de-Kritik

Der selbsterklärte Klischeeitaliener bedient wieder Erwartungen.

Review von

Giovanni Zarrella dürfte hierzulande der kleinste gemeinsame Nenner sein. Das mag zunächst abschätzig klingen, ist aber durchaus als Lob zu verstehen. Mit seiner eigenen ZDF-Show verbucht er stabile drei Millionen Zuschauer - zuzüglich der Mediathek-Auswertung. Mal moderiert er dort Nicole oder Mark Keller an, mal bereitet er als Coach bei "The Voice Of Germany" seine Schützlinge auf Interpretationen von Jessie J oder Alicia Keys vor. Er tritt angenehm in Interviews auf, kann sowohl mit Stefan Raab als auch mit Jan Böhmermann, zeigt sich zielgruppenübergreifend anschlussfähig.

Auf der einen Seite stellt es eine enorme Leistung dar, als Everybody's Darling zu reüssieren, auf der anderen Seite wirkt es wie Gift auf jede Form von Kunst. Seine witzlosen Nummer-eins-Alben zeugen davon. Für "Ciao!" adaptierte er Gassenhauer von Nena oder Opus auf italienisch, für "Per Sempre" nahm er sich zumindest Robbie Williams und die Backstreet Boys zum Vorbild. Das ist alles mit einem sympathischen Lächeln vorgetragen, aber derart ecken- und kantenfrei, dass es stets nach Dienstleistung klingt. Wie ein Day Job, der rein gar nichts darüber verrät, was Zarrella wichtig sein mag.

Mit "Universo" will er nun neue Wege beschreiten. "Für mich war der Moment gekommen, meine eigenen Songs zu machen", kündigte Zarrella vorab an. Der Schritt führe "den Sohn italienischer Einwanderer musikalisch und biografisch zu seinen Wurzeln" zurück, behauptet der Presstext. "Positive Energie und absolute Lebensfreude" prägten seine Songs, die "entweder ins Herz oder in die Beine gehen". Dazu hat er die weise Entscheidung getroffen, Christian Geller, Weggefährte seit "La Vita È Bella" und musikkriminelles Mastermind hinter Heino und Thomas Anders, in die Wüste zu schicken.

An seiner statt arbeitete er etwa mit Daniel Flamm, Produzent von Clueso oder Fury In The Slaughterhouse, und Alexander Zuckowski zusammen, der als Co-Autor von "Rise Like A Phoenix" immerhin einen ESC-Sieg verbuchen kann. "Universo" ist zum Einstieg tatsächlich ganz hübsch geraten. Zarrella begibt sich auf Sinnsuche in den unendlichen Weiten von Raum und Zeit, während die Musik die große pathetische Geste mit sanften Spieluhrklängen kombiniert und damit den Groß-Klein-Kontrast auf den Punkt bringt. Ordentlich fällt auch das Musikvideo mit Anleihen aus der "Truman Show" aus.

So viel Tiefe bleibt allerdings die Ausnahme. Zumeist begibt sich Zarrella bestens gelaunt in die Italo-Disco. Wenig originell bemüht er sich in "La Discoteca Italiana", nostalgische Gefühle zu wecken, während er zu "L'amour Toujours" die Tanzfläche in Beschlag nimmt. "Fantastico" feiert "una notte italiana" mit starkem 80er-Bezug, der punktuell Assoziationen zu "Männer Des Westens" aus Falcos Drittling weckt. Wobei der einstige Bro'Sis-Sänger freilich nur zehn Prozent des Grooves sein Eigen nennen kann. Hie und da scheint auch Giorgio Moroder Pate gestanden zu haben.

"Pagare Mai" kommt schon abgeschmackter daher. Claps und Oh-oh-oh-Chorus zielen deutlich auf den ZDF-Fernsehgarten, wo das Publikum mit Sonnenbrand auf der Haut und Aperol Spritz in der Hand den Auftritt des netten Italieners herbeisehnt. "Adrenalina" markiert mit erhöhtem Pegel noch deutlicher, wo die Zuschauerschaft klatschen soll. Ruhiger geht es im traumwandlerischen "Due Voci E Un'anima" ('Zwei Stimmen und eine Seele') zu. Der große Sprung bleibt zwar erneut aus, aber eine bescheidene Ballade erscheint allemal sinnvoller, als wenn er sich unter dem Gewicht von "Angels" den Hals bricht.

Obwohl sich "Universo" positiv von seiner Diskografie abhebt, bleibt es irgendwo eine Serviceleistung, mit der er die gewünschten Stereotype bedient. Selbst der seinem Vater gewidmete Song "Italiano Vero" erzählt von "guter Laune im Blut" bei Besuchen der Trattoria oder der Pizzeria. Zarrella sei die "Kulmination deutscher Italienklischees" schrieb der Stern etwas grenzwertig. Und doch bleibt es im Kern dabei, dass er vor allem Erwartungen bestätigt, um weiterhin die Rolle des Publikumslieblings zu bespielen. Oder in seinen Worten: "Es kann schon sein, dass ich das ein wenig bediene. Ich bin aber gerne Klischeeitaliener."

Trackliste

  1. 1. Universo
  2. 2. Fantastico
  3. 3. Pagare Mai
  4. 4. Due Voci E Un'anima
  5. 5. La Discoteca Italiana
  6. 6. Questa È La Mia Vita
  7. 7. Mi Piace
  8. 8. Sesso E Libertà
  9. 9. Adrenalina
  10. 10. Danza
  11. 11. Confusione
  12. 12. Amore Corrisposto
  13. 13. Italiano Vero
  14. 14. Finalmente

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1 Kommentar mit 5 Antworten

  • Vor einem Tag

    Kann man nicht haten. Ich war mit meiner Family schon ein paar mal bei Auftritten. Super Dude. Uns Deutschen liegt bella Italia halt seit Jahrzehnten sehr nahe. Und da ist es doch schön von solchen einem Wanderer zwischen den Kulturen sich den Alltag versüßen zu lassen.

    • Vor einem Tag

      Der kann menschlich korrekt sein aber die Musik bleibt Schmutz

    • Vor 2 Stunden

      Unter uns, vor fünf bis zehn Jahren hätte dir wohl vollkommen zugestimmt. Richtig doll finde ich das rein musikalisch auch nicht, aber jetzt mit Anfang 40 bin ich da nicht mehr so verbissen. Nette Musik, die nebenbei laufen kann, wenn man mit der Family an einem warmen Sommerabend im Garten sitzt. Vor kurzem habe ich Samy Deluxe bei so einem "Rap meets Classic"-Event gesehen. Sowas gebe ich mir dann trotzdem noch.

    • Vor 2 Stunden

      Nette Musik vor allem, um freiwillig aus purer Verzweiflung aus dem Fenster zu springen, wenn der unsichtbare Normalitäts-Druck hinter einem wütet. Lars Ulrich hat's vorgemacht.

    • Vor 2 Stunden

      Familie kann menschlich korrekt sein, aber dein Musikgeschmack bleibt Schmutz.

    • Vor einer Sekunde

      Es gibt keine mildernden Umstände für das bereitwillige Hören von Schmutz.