laut.de-Kritik
Wer seine Gäste hasst, spielt ihnen dieses Album vor.
Review von Ulf KubankeDer Weg Zur Erlösung ist schmal und die Straße der Verdammnis breit gepflastert. Das gilt insbesondere fürs musikalische Seelenheil. Pünktlich zur Adventszeit öffnet des Klosters klingende Klärgrube einmal mehr die audiophobe Schleuse und verbrennt ein dutzend gänzlich unschuldiger Weihnachtslieder auf dem Scheiterhaufen musikalischer Ästhetik. Willkommen zu Gregorians "Holy Chants".
Mitleidlos treiben die Musik-Inquisitoren das arglose Liedgut im Klostergarten zusammen. Dort zeigen sie ihre künstlerischen Folterwerkzeuge nicht nur vor, sondern verstehen diese auch peinlichst zu gebrauchen. Als besonders wirksame Tortur erweist sich etwa die Debilisierung verdienter Evergreens.
Ganz besonders arg trifft diese Verstümmelung den doppelbödigen Klassiker "Fairytale Of New York" von den Pogues. Wir erinnern uns: Das von Shane MacGowan brillant getextete Original steht seit 30 Jahren für Liebe und Romantik, die sich jedoch ihren Weg durch den derben Schlagabtausch eines Pärchens von der falschen Seite der Stadt bahnen muss.
Natürlich reinigt Gregorians schwarzer Abt die Zeilen von allem Schweiß und prallen Leben. Er übernimmt einfach beide Rollen und beraubt die Zeilen damit jeglichen Sinn. Komplett absurd klingt die Farce spätestens ab dem Punkt, wo er "Du Drecksack, du Made, du billige, lausige Schwuchtel" des weiblichen Parts als seltsam clowneske Grinsekatze intoniert, die zu viel Klosterfrau Melissengeist naschte.
Fast kein Stück kommt ungeschoren davon. "Walking In The Air" tötet jede festliche Stimmung durch genölte Strophen. Manchmal scheint es einen Schuss Hoffnung zu geben. Das Cembalo zu Beginn von "Panis Angelicus" gaukelt für Sekunden einen scheinbar liebevollen Umgang mit den Tracks vor, der in Wahrheit nicht existiert. Einzig das einigermaßen passend arrangierte "Huron Carol" und das für Gregorian-Verhältnisse geradezu minimalistische "Gaudete" geben zarte Hinweise darauf, welches Potential man hier leichtfertig verschenkt.
Ganz schlimm wird es zm Ende der CD mit "Saviour". Ein Song bei dem die klerikale Kitschkönigin Amelia Brightman als vernonnte Solostimme ganze Arbeit leistet. Sogar im nicht gerade kleinen Heer seelenloser Weihnachtsschlager nimmt dieses blutarme Sakropop-Machwerk einen vorderen Platz ein. Am Ende steht das Fazit: Nur wer seine Weihnachtsgäste hasst, wird ihnen dieses Album vorspielen.
6 Kommentare mit 4 Antworten
Habe dazu nichts zu sagen, außer, dass ich wirklich froh bin, dass der Anwalt das Ding reviewen musste.
wmir ist klar, dass das spaßig gemeint ist. aber woher kommt den eigentlich dieses (ernst gemeinte) anwaltbashing in letzter zeit? oder täuscht mich mein eindruck?
-w, *denn
Also ich habe daran bisher nicht teilgenommen, daher kann ich dir das nicht wirklich beantworten.
Hatte einfach die Platte gesehen und mir gedacht, "Bitte lasst den Kubanke das machen".
anwaltbashing kam hier schon immer vor. Weshalb ich ihm dieses Album vorspielen würde: Seine schwülstige Schreibweise, inhaltliche Fehler, Schreibfehler und -nicht zuletzt- seine besserwisserischen Kommentare. Frohe Weihnachten Herr Anwalt
Also bzgl. der Gäste wär ich mir gar nicht so sicher. Zumindest die Fairytale Of NY-Version, die ich mir eben mal auf yt genehmigt habe, dürfte doch für einige Erheiterung sorgen
Die Folterer der spanischen Inquisition haben endlich würdige Nachfolger bekommen. ^^
Och joa, manchmal ist solche Musik gar nicht verkehrt. Neulich mal wieder Ameno von Era gepumpt, 1 besinnlicher Song. Wusste gar nicht, dass das nur Fake-Latein war
Fand von denen nur einen Song cool beim Vorentscheid zum ESC wars glaub ich. Da passte sogar der Auftritt.^^
Gut das der Anwalt es für uns alle anhört.