laut.de-Kritik
In seinem Bariton schwingt die Geschichte der schwarzen Musik.
Review von Dani Fromm"Wenns scheiße klingt, ist es Jazz", pflegte unser stets ein bisschen unter der Missachtung seines Genres leidender Jazz-Kollege zu witzeln. Sollte darin auch nur ein Körnchen Wahrheit verborgen sein, kann es sich bei "Be Good" keinesfalls um eine Jazz-Platte handeln.
Wie Tautropfen in der Morgensonne glitzern die Klaviernoten. Sachte angetipptes Schlagzeug und ein zuweilen ein bisschen im Verborgenen blühender Bass sorgen für den Rhythmus, geschickt arrangierte Bläser ergänzen das Soundbild.
Nein, revolutionär oder innovativ erscheint an "Be Good" gar nichts. Das stört aber überhaupt nicht. Kleine Atempause in einer überaus angenehmen Zeitblase gefällig? Dann begeben Sie sich bitte vertrauensvoll in die Obhut von Mr. Gregory Porter.
In seinem Bariton scheint die gesamte Geschichte der schwarzen Musik mitzuschwingen. Spirituals, Gospel, Rhythm & Blues, die Erdigkeit des Blues und das Gefühl des Souls - all das spricht aus der samtigen Textur seiner Stimme, ohne, dass es gewollt oder aufgesetzt wirkte.
Unabhängig davon, ob ihn das klassische Jazz-Ensemble oder - wie in Sammy Fains "Imitation Of Life" - lediglich ein Klavier begleitet: Gregory Porters Stimme steht stets im Zentrum des Geschehens, groovt, scattet, umschmeichelt und umsorgt seine Zuhörerschaft. Seinen Mitmusikern bleibt reichlich Raum für Soli, Improvisationen und Experimente.
Ausgefeiltes Songwriting und zauberhafte Texte runden den Genuss ab. Gregory Porter widmet sich ausschließlich den wirklich wichtigen Dingen - der Liebe, der Familie und der Musik - und präsentiert sich auf seinem zweiten Album dennoch ungeheuer vielseitig.
In "On My Way To Harlem" spürt er gleichermaßen seinen familiären und musikalischen Wurzeln von Duke Ellington bis Marvin Gaye nach. "Baptized by a jazzman's horn" - das glaube ich sofort. Seinen "Real Good Hands" können die Schwiegereltern in spe auch die behütetste Tochter bedenkenlos überlassen.
Sogar längst vielfach interpretierten Nummern ringt Porter noch neue Facetten ab, kitzelt ihre ungebrochene Kraft heraus: Aus Nat Adderleys "Work Song" spricht die ganze Urgewalt des Blues. Die Idee zu "God Bless The Child" stammte ursprünglich von Billie Holiday. Porters A-capella-Version lässt den Vibe des Südens ebenfalls spüren.
"Go to the store, buy grandmother a pound of love", empfiehlt das Hohelied auf die Mütter dieser Welt, "Mother's Song". "I believe it's on sale." Ach, nehmt gleich zwei Pfund - und legt noch diese Platte obendrauf. Mama hats verdient!
1 Kommentar
Is ja der Hammer, dass das hier rezensiert wird. Und das auch noch richtig gut. Bin selbst kein großer Jazz-Fan, aber die Platte gefällt mir. Nein, sie ist großartig.