laut.de-Kritik

Fola Dadas süßes Zugeständnis an die leichte Muse.

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2003 äußerte sich Hellmut Hattler, Bassist bei Kraan, Tab Two, Siyou'n'Hell und Ali Neander, im Interview mit laut.de abschätzig über den grassierenden DSDS-Castingwahn: "Ein paar Zuhälter suchen sich ein paar Models, die sie auf den Strich schicken. Sie versuchen, durch die anderen Geld zu verdienen. Die Leute, die einen eigenen Kopf haben und wirklich kreativ sind, haben in diesem System eigentlich keine Chance mehr." Mit Fola Dada, ihres Zeichens Vocal Couch in der Bohlen-Show, ist das Format 2013 längst im System Hattler angekommen. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn Dada verfügt über eine samtige Stimme und letztendlich müssen alle schauen, wie wir die Brötchen unter unsere Butter bekommen.

Seit 2006 bildet Fola für Hattler das süße Zugeständnis an die leichte Muse und führt uns händchenhaltend in das Labyrinth aus Jazz, Soul, Electronica, Pop und Ambient. Über all dem steht Hellmuth Hattlers Basspiel, ohne sich dabei aber mit ausgestreckten Ellbogen in den Mittelpunkt zu drängen. Befreit von jeglichem Flitter dient er als erstes dem Song, niemals seinem Ego.

Mit Dada an der Seite nähern sich Hattler und sein allgegenwärtiger kreativer Partner Peter Musebrink dem Soul. Gruselig jaulende Gespenster, Sitar-Klänge und ein prächtiger, natürlicher, rauh holpernder Bass bilden den Start zu "The Kite". Folas warme Altstimme zieht den Hörer bis zu dem etwas zu marktschreierischen Refrain in ihren Bann. Weniger Aufregung hätte dem Ambiente des Songs, wie das spätere "Sliding In Slomo" deutlich beweist, gut getan.

Das genaue Gegenteil bietet "Fine Days" und geht prompt komplett in die Hose. Ein radiotaugliches Ärgernis, dass sich ohne Komplikationen zwischen dem Besten aus den 80ern, 90ern und den Hits von heute einreihen lässt. Eine Anbiederung, die im Radio zwischen Lighthouse Family, Seal und Gabrielle schnell in Vergessenheit gerät und bei der ausgerechnet der für dieses Medium so lebenswichtige Chorus zum Rohrkrepierer verkommt.

Die besten Momente transportiert "The Kite", wenn sich Hattler vom Pop-Song-Schema entfernt. Sobald das Rampenlicht von Dada ablässt und die Musik in alle Richtungen fließt. Anstatt sich weiterhin im Schmetterlingsnetz der bewerten Songstrukturen einfangen zu lassen, sucht "The Kite" nach Freiheit in vertrackten Rhythmen und dem Spiel zwischen Elektronik und Humanität.

Hattlers langjähriger Partner Joo Kraus verleiht "Tag 2", das mit einer eingängigen Bass-Melodie und Herbie Hancock-Anleihen aus seeligen "Future Shock"-Zeiten beginnt, mit seiner Trompete eine allgegenwärtige Eleganz. Selbst das etwas plumpe rumgescratche in "Wider" kann dem nichts anhaben.

Das minimalistische "Nirvana Club" lässt Hellmut Hattler alle Zeit der Welt, um sich mit seinem mild singenden Bassspiel zu entfalten. In "Moola Bulla Jive" steigt ein alter Weggefährte, Kraan-Schlagzeuger Jan Friede Wolbrandt, nochmals in den Ring. Das rhythmische "Vibecontrol", eine weitere Spielwiese für Hattlers betörenden Fretless-Bass, durchziehen Jürgen Schlachters ansprechende Cymbals, Mia Hattlers Cello und orientalische Klänge.

Der hart angeschlagene Elektro-Funk "Ballhaus Rubeau", in dem ausnahmsweise nicht Musebrink, sondern Oli Rubow Beats & Sounds übernimmt, fällt allein schon mit seiner deutlich hörbaren Umbesetzung aus dem Rahmen. Unter dem zerklüfteten Track wummern tiefe Synth-Schläge um die sich Sebastian Studnitzkys Trompete schmeichelt.

Leider wirkt "The Kite" mit seinem ständigen Wechsel zwischen instrumentellen Passagen und etwas zu braven Vocaltracks stellenweise zerfahren. Hattler lässt sich Zeit für Experimente. Dass nicht jedes funktionieren kann, liegt in der Natur der Sache. Jedoch verbindet die einzelnen Stücke eine schlüssige Atmosphäre, die nur "Fine Days" nachhaltig torpediert. Man kann sich für die Stücke mit Fola Dada entscheiden, oder das ausufernde Instrumentalgefrickel, oder gar für beides. Nur ein Sith kennt nichts als Extreme. Doch wie die Wahl auch ausfallen mag: "The Kite" bleibt ein spannender Flug auf dem Drachen.

Trackliste

  1. 1. The Kite
  2. 2. Wider
  3. 3. Sliding In Slomo
  4. 4. Ballhaus Rubeau
  5. 5. C64
  6. 6. Fine Days
  7. 7. Nirvana Club
  8. 8. Patient (Like The Water)
  9. 9. Moola Bulla Jive
  10. 10. Tag 2
  11. 11. Vibecontrol
  12. 12. The Kite Returns

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