laut.de-Kritik
Minimaler Sound, maximale Freude.
Review von Martin Tenschert"The Grandfather Paradox", auch Großvater-Paradoxon genanntes Theorem im Zusammenhang mit Zeitreisephänomenen. Im Kern geht es darum, ob Zeitreisen in die Vergangenheit möglich sind und inwieweit man die Gegenwart dadurch beeinflussen könnte oder auch nicht.
Rene Barjavel hat sich diesem Thema in seinem Sci-Fi-Roman "Le Voyageur Imprudent" gewidmet. Frank und Kristian von Âme, Dixon und Henrik Schwarz ließen sich vom "Grandfather Paradox" inspirieren und beschlossen, ihre aktuelle Compilation, die die letzten 50 Jahre Minimalmusik als Sujet hat, mit diesem passenden Titel zu versehen.
Die vier Innervisionäre wagten die Zeitreise und bearbeiteten ausgesuchte Lieblingsstücke aus dem Genre der Musique Concrète, aber auch aus Jazzund Techno/House für die Jetzt-Zeit neu und erstellten zudem eigene Edits.
Klangvolle Namen konnten für dieses Projekt gewonnen und lizensiert werden: John Carpenter, Conrad Schnitzler, Steve Reich & Pat Metheny etwa, aber auch Früh-90er-Minimaltechno-Helden wie Robert Hood oder Plastikman.
Die endgültige Version besteht aus zwei CDs, mir liegt als Promo allerdings nur eine CD vor, die einen smoothen Mix der neuen Edits beinhaltet.
Auf dem zweiten Silberling finden sich weitere Werke von u.a. den Young Marble Giants oder auch Can ein, dann aber außerhalb eines Mix-Kontextes, für sich alleine stehend.
Natürlich ist das Oeuvre auch auf zwei Vinyls erhältlich. Die Stücke der Minimal-Großväter wurden mit viel Respekt behandelt und mal nur sehr dezent, dann wieder stärker "manipuliert".
So bleibt die Stimmung des Originals und der hypnotische, repetitive Charakter von zum Beispiel Etienne Jaumets "Repeat After Me", hier im fabulösen Âme-Remix vertreten, sehr gut erhalten.
Und trotzdem stellt man das Liedgut in einen aktuellen, zeitweise sehr clubkompatiblen Kontext (I:CUBE - "Acid Tablet", Yusef Lateef - "The Three Faces Of Balal"). Der Mix ist insgesamt sehr durchdacht, die Klangstrukturen sind feinfühlig miteinander vermählt worden.
Da minimale Musik nicht zwangsläufig ohne Vocals stattfinden muss, featuret das Trio auch "For Baby Oh" von Cymande oder Green Pickles feat Billy Lo & M. Pittman mit "Feedback".
Mag die Sache mit den Zeitreisen auch weiterhin nicht einfach sein, so ist der Versuch der Neuinterpretation des Vergangenen für das Heute hier aber beeindruckend geglückt.
Minimal-Fans von damals und jetzt, Ame/Dixon/Schwarz-Bewunderer sowieso, Opas und Enkel und sonstige musikalisch aufgeschlossene Menschen werden mit "The Grandfather Paradox" ihre maximale Freude haben.
2 Kommentare
Schon geil, dass im Prodigy-Fred eifrige Diskussionen über ein irrelevantes Album geführt werden, während die interessanten Releases mit 0 Beiträgen vor sich hin dümpeln.
die Tracklist ist auch leicht verschoben, ne