laut.de-Kritik

Technisch perfekte Powerrock-Nullnummern.

Review von

Um eine gute Story sind Ignis Fatuu anscheinend nicht verlegen. Anlässlich des Geburtstags von Albrecht Dürer stellen die Nürnberger Mittelalterrocker klar: Zusammen mit ihm haben sie ihre Band vor 500 Jahren nach einer gemeinsam durchzechten Nacht gegründet. "Meisterstich" birgt folgerichtig 13 Stücke, die allesamt Namen von Dürers Werken tragen.

Den abgekauten Begriff der Mittelalterkapelle wollen Ignis Fatuu dabei nicht länger gelten lassen. Hier handele es sich um die Geburt des Renaissance-Rocks. Bei soviel fantasievollem Getrommel steigt die Neugier auf den "Meisterstich" beträchtlich. Leider fällt man aus dieser Wolke recht schnell auf den harten Boden ihrer künstlerischen Realität. Die Platte taugt nicht einmal zum "Gesellenstich".

Mit Renaissance hat die von Simon Michael (Subway To Sally) produzierte Scheibe wenig zu tun. Es bleibt stinknormaler Powerrock mit hausüblichem Metal-Touch. Die Sackpfeifen bewaffnen sich hier und dort mit Spurenelementen aus der Ära des Aufbruchs ("Rhinocerus"). Im Großen und Ganzen folgen dem gelungenen PR-Gag jedoch keinerlei Großtaten. Alles bleibt recht nett beim Alten und optimal auf die Szenevorlieben abgestimmt.

Instrumental sind die Lieder fehlerfrei gemacht. Songwriterisch jedoch lässt die Melange kalt und kommt auch in den besten Momenten nicht über knappes Mittelmaß hinaus. Die gesamte zur Schau gestellte Leidenschaft des Vortrags verpufft und erreicht den Hörer nicht.

Das liegt vor allem daran, dass Ignis Fatuu nicht eine einzige packende oder auch nur halbwegs starke Melodie im Köcher haben. Auch nach mehreren Durchläufen bleibt mangels Substanz nichts im Ohr. "Satyr Und Nymphe" gehört zu diesen technisch perfekten Nullnummern, deren Wiedererkennbarkeit gegen Null strebt.

Das ist zwar schade, jedoch längst nicht das Ende der musikalischen Talfahrt. Denn leider kann man dem Gesang nicht entfliehen. Die männlichen Leadvocals sind konzeptionell unpassend und schieben das Album dadurch unfreiwillig ins Karikatureske. Einerseits müht sich der Sänger, mittels theatralischem Gestus mitzureißen. Das ist redlich gemeint, geht jedoch vollkommen in der absoluten Harmlosigkeit seiner Stimmlage unter.

Zusammen mit den bedeutungsschwangeren, oft nahezu beschwörenden Zeilen geht der Singsang fast als Satire durch. Während die Texte von Burgen, Rittern und Magie künden, tönt der Mann am Mikro eher nach Ikea-Shop, Biedermann und Ausstrahlungslosigkeit. Wer Ähnliches schon immer zurecht von den Schandmaul-Vocals Thomas Lindners dachte, wird hier erst recht sein volumenschwach hingenöltes Wunder erleben. Wie kann es sein, dass dieser Widerspruch weder Band noch Produzent auffällt?

Herausragend erscheint an Ignis Fatuus "Meisterstich" somit lediglich das Versagen auf allen Ebenen. Selbst beinharte Genrefans sollten vor dem Erwerb unbedingt reinhören.

Trackliste

  1. 1. Die Vier Reiter Der Apokalypse
  2. 2. Nemesis
  3. 3. Ritter, Tod Und Teufel
  4. 4. Rhinocerus
  5. 5. Der Liebestraum Des Doktors
  6. 6. Satyr Und Nymphe
  7. 7. Die Wunderbare Sau Von Landser
  8. 8. Melencolia I
  9. 9. Adam Und Eva
  10. 10. Das Meerwunder
  11. 11. Sternenfall
  12. 12. Der Dudelsackspieler
  13. 13. Der Hl. Hieronymus Im Gehäus

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