laut.de-Kritik
Die graue Alternative Rock-Eminenz im Melodienhimmel.
Review von Michael SchuhWalter Schreifels, Mark Lanegan, Tom Morello, Chris Cornell, Frank Turner, Ian Love: Die Liste derer, die bereits mit vorwiegend akustischen Alben auftrumpften, obwohl sie einst mit Bands bekannt wurden, die sich eher nicht für Mädchen-Mixtapes eigneten, ist lang. Auch J Mascis' Stammkapelle Dinosaur Jr steht für einen Höllenlärm und Gitarrensalven, die weniger für die Charts als für die Ewigkeit gebaut wurden.
Außer hilflosen Journalisten wissen nur Insider, dass dieser absonderliche J Mascis mit der grauen Mähne eigentlich ein sehr stiller Zeitgenosse ist, der wenig Worte braucht. Musikalisch verbreitete der praktizierende Yogi diese Ruhe erstmals 2011 auf dem Singer/Songwriter-Album "Several Shades Of Why" - "Tied To A Star" ist nun die gelungene Fortsetzung.
Es hätte eigentlich keines Beweises mehr bedurft - spätestens seit dem hitgespickten Dinosaur-Comeback "Beyond" - dass dieser J, zu dem Kurt Cobain aufblickte, ein elender Melodien-Zampano ist. Und falls doch, ledert er hier gleich auf den ersten beiden Songs alle Ungläubigen mit der Akustischen ab.
"Me Again" beginnt mit zartem Fingerpicking, wehmütiger Mollatmosphäre und diesem grummelnden Gesang, der im Alter immer brüchiger wird - was den leisen Songs noch mehr Intensität verleiht. Mit seiner klaren Kopfstimme setzt er immer wieder unerwartete Kontrastpunkte. Das bereits vorab ins Netz gestellte "Every Morning" ist vielleicht der fröhlichste Song seiner Karriere und zieht mit einem herrlichen E-Gitarren-Solo direkte Parallelen zu seiner Hauptband.
Gegen Kollaborationen hat J im Grunde nichts, aber er ist eher der Typ, der wartet, bis man sich ihm aufdrängt. Wenn niemand fragt, gniedelt er eben alleine in seinem Homestudio mit der Aufregung herum, die ein Ort wie seine Heimat Amherst, Massachusetts, so mit sich bringt.
Unser Glück also, dass sich scheinbar Chan Marshall alias Cat Power zu einem Besuch in die Kleinstadt aufmachte und ihr liebliches Organ dem zerbrechlichen "Wide Awake" andiente. Im weiteren Verlauf zieht uns J immer wieder in Fässer voller Melancholie: "Stumble" könnte dabei schon fast einem Dinosaur-Album entsprungen sein, das Instrumental "Drifter" beginnt wie "Ain't No Easy Way" vom Black Rebel Motorcycle Club und nach dem etwas spröden "Come Down" verabschiedet er sich mit dem pianogetriebenen "Better Plane" erneut in Hochform.
Bleibt zu hoffen, dass J Mascis mit diesem Album endlich den Sprung auf Mädchen-Mixtapes schafft. So fremdartig wie die an Maurice Sendaks Figuren angelehnten Fabelwesen auf dem Albumcover klingt der gute Mann nämlich gar nicht. Auch wenn er selbst mittlerweile vielleicht so aussieht.
2 Kommentare
Über weite Strecken recht durchschnittliches Album mit ein paar wenigen Höhepunkten. 3/5
Sehe das ganz ähnlich - zu plätschernd und eintönig, keine Durchhänger und keine echten Knaller. Ist halt Mascis, hat man leider schon alles zu oft von ihm gehört.