laut.de-Kritik
Nicht mal Godzilla stoppt Jay Kay.
Review von Eberhard DoblerNach einer Overdose Jamiroquai, und diese bietet vorliegende DVD, fällt mir nur eins ein: Frontmann bei Jamiroquai müsste man sein. 14 Jahre, Zeit für eine Retrospektive. Jason Kay hat schließlich genügend Platten veröffentlicht, um eine CD respektive DVD zu füllen.
Ein Grund für die erfolgreiche Karriere stellt des Space-Cowboys Einzigartigkeit dar. Jamiroquai erkennt man sofort: am Sound, am Outfit und Jay Kays athletischem Tanzstil - ein klares Branding, das sich auch in den Videos offenbart.
Schlicht und schick bleibt die Menüführung im Cyber-Disco-Style, über die sich satte 25 Clips (6 Stücke mehr als auf der CD) und ein umfangreiches Behind The Music-Special ansteuern lassen. Und Jay Kay ließ sich zuweilen bei den Videoproduktionen nicht lumpen (etwa Heidi Klums Auftritt in "Love Foolosophy").
Zu Beginn oft zeitkritisch agierend, unterlegte er den melodiereichen funky Dance-Livesound schon mal mit unappetitlich bis anklagenden Bildern ("When You Gonna Learn", "Too Young To Die" oder "Emergency On Planet Earth") - ein Image, das dem Ferrari-Fan in Bezug auf Umweltthemen später natürlich vorgehalten wurde. Sein One World-Anliegen taucht auch im esoterischen Clip "Corner Of The Earth" oder dem vollanimierten, brandneuen Video "(Don't) Give Hate A Chance" auf.
Mit dem leicht psychedelischen Clip "Space Cowboy", in dem der Kameraschnitt Zeit und Raum zerfließen lässt, kehrten Jamiroquai zuvor jedoch weniger politisch ambitioniert in die Space-Funk-Disco zurück - ein Jamiroquai-Klassiker. Ohne computertechnischen Aufwand dagegen inszeniert: die fiepend zuckersüße Ballade "Half The Man". Paul Boyd brauchte für seinen intensiven S/W-Clip eine einzige Einstellungsgröße - Jay Kay im Close Up.
Auf reine Visualität und Farben setzte Earle Sebastian: "Stillness In Time" - gute Laune pur. Für einen weiteren Klassiker sorgte Jonathan Glazer mit "Virtual Insanity": Für den Meister-Regisseur setzt der Sound Jamiroquais die Schwerkraft außer Kraft.
Seiner besagten Vorliebe frönt Jay Kay in "Cosmic Girl": eine schnelle Kiste, freie Straßen, lässiger Sound - mehr braucht es nicht. Nach wie vor eine der genialsten Nummern der Briten. In punkto Coolness und Eleganz musste man der Crew Jay Kay eh noch nie Vorträge halten ("Alright"): eine Live-Band im Club? Wo ist das Problem? Dass sie sich als Live-Band verstehen, zeigt der roughe "High Times"-Clips, der die Band auf Tour in Südamerika zeigt.
Spektakulärer im Movie-Format gerät der Streifen zum "Godzilla"-Soundtrack: "Deeper Underground". Ein weiteres Highlight ist "Canned Heat", Jamiroquais bester Clubtrack, aufgenommen von dem Schweden Jonas Akerlund: Wer gibt bitte mehr Gas als Jay Kay? In dieselbe Kerbe schlägt der High-Tech-Clip "Supersonic" - abgefahrener Clubmix, abgefahrenes Video. Mit dem anschließenden, liveorientierten "King For A Day", im Clip von degenerierter Louis XIV-Stimmung begleitet, wird Jamiroquais Bandbreite deutlich.
Im Hidden-Clip "Black Capricorn Day" gibts eine atemlose Verfolgungsjagd, während der Franzose Stéphane Sednaoui "Little L" ein fast überirdisches Disco-Lichtspektakel verpasst. Sommerlich dagegen das luftige "Seven Days In Sunny June": Es ist möglich, Frauen in Bikinis zu inszenieren, ohne sie wie Porno-Models aussehen zu lassen. Durchgeknallt auch der Clip zu "Feels Just Like It Should" - gleichwohl der Funkrocker auch ohne Video Jamiroquais Großtat bleibt.
In "Behind The Music" folgt man Jay Kay nach Paris zum Video-Shoot mit Sednaoui, bevor er in vier Kapiteln, aufgesplittet nach Karrierephasen bzw. bestimmten Clips, über seine Ansichten, Erlebnisse (etwa die Zusammenarbeit mit Glazer oder Klum, Autounfällen oder seiner ersten Hollywood-Erfahrung) spricht: "Ich fahre Ferrari, sorry. Das heißt aber nicht notwendigerweise, dass mich alles, was um mich herum passiert, nichts angeht".
Den Abschluss bildet ein unterhaltsames Radio-Interview, das Jay einer japanischen Station gab. Schade, dass bei den Specials die Untertitel fehlen - gehört einfach dazu. Ein Zugewinn wäre es noch gewesen, die Bandmitglieder zu berücksichtigen, um mal eine andere Perspektive der Band aufzuzeigen. Unterm Strich trotzdem eine Vollbedienung in Sachen Jamiroquai.
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