laut.de-Kritik
Prince, Erykah Badu und Solange supporten die Superheldin.
Review von Sven KabelitzDie Mär vom Android Cindi Mayweather geht in die nächste Runde. Auf "The Electric Lady" verwandelt sich Janelle Monáe ein weiteres mal in ihre eigene Superheldenfigur, hinter der sie sich seit "Metropolis: The Chase Suite" versteckt.
Das unterkühlte Grundgerüst aus "The ArchAndroid" weicht nun einem mollig warmen Ton. Weder finden sich von Panik getriebene Übersongs wie "Tightrope" oder "Many Moons", noch die Folk-Einflüsse aus "57821" wieder. Die vollkommen durchgedrehten Momente fehlen "Suite IV" und "V". Dafür wirkt "The Electric Lady" mit seiner Mixtur aus knochentrockenem Funk, edlem Pop-Soul, Jazz und Robotic-Hip Hop organischer.
Geschickt kokettiert Monáe mit ihren Einflüssen. Dabei verliert sich die Sängerin nicht in Zitaten, sondern bastelt sich wie Wall-E eine eigene verschrobene Welt aus den gefundenen Bruchstücken. Die deutlichsten Spuren hinterlässt der Sound von Funkadelic, George Clinton, Afrika Bambaataa, Stevie Wonder und immer wieder Prince.
Dieser gibt sich sogar gleich zu Beginn in "Givin' Em What They Love" die Ehre. Ein voll Spannung geladenes Funk-Monster. Endlich löst sich das Versprechen ein, dass Prince 1989 mit "Love Song" auf Madonnas "Like A Prayer" gegeben, aber nicht eingehalten hat.
Neben Prince schmücken weitere hochkarätige Gäste (Solange, Esperanza Spalding) den Einstieg in "The Electric Lady". In "Q.U.E.E.N." treffen mit Erykah Badu und Monáe die zwei Leading Ladies des Genres aufeinander. Dabei hält der Android unter den beiden klar die Zügel in der Hand, rechnet in hoher Schlagzahl mit Religion, Rassismus, Geschlechterrollen und Sexualität ab. "Am I a freak because I love watching Mary? / Hey sister am I good enough for your heaven? / Say will your God accept me in my black and white?".
"Der Hintern beugt sich stets dem Gesetz des 'Jams'. Niemand kann einen Song hassen, der dich in Bewegung bringt und dir dabei hilft eine gute Zeit zu haben. Der Hintern wird dir immer die Wahrheit über jemanden sagen. Du kannst zu jeder Zeit erkennen, was ein Mensch oder eine Community glaubt. Sie können behaupten, sie würden diesen oder jenen lieben oder an diesen oder jenen Gott glauben, aber was sagen die Taten? The booty don't lie." Wessen Bobbes bei den quietschenden 80s-Keyboards und den schwitzenden Beats von "Q.U.E.E.N." noch stillsteht, dem wird man wohl nie mehr retten können. Frei nach Luther: In einen traurigen Arsch fährt nie der fröhliche Funk.
In "PrimeTime" reibt Mayweather ihren künstlichen Körper an R'n'B-Neustar Miguel und entdeckt die zügellose Liebe für sich. Eine Motown-Ballade der nächsten Generation, die ein üppiges "Purple Rain"-Gitarrensolo schmückt. "I wanna scream and dream and throw a love parade."
Apokalypse und Zombies gehen eigentlich immer, aber "Dance Apocalyptic" spielt etwas zu seicht mit André 3000s "Hey Ya"-Formel. Für sich genommen ein netter Track, wirkt er im Gesamtkonzept des Longplayer verzichtbar.
Überzieht "Look Into My Eyes" noch die Noblesse eines Henry Mancinis, durchzieht "It's Code" die kindhaften Klarheit eines jungen Michael Jackson. Im grazilen "Ghetto Woman" fröhnt Monáe dem Stevie Wonder Moog-Funk aus "Fulfillingness' First Finale", bis sie diesen mit einem energischen Rap bricht. Boogie On Android Woman.
Nach "The Electric Lady" steht uns mit "Suite VI" und "VII" noch ein weiteres Cindi Mayweather-Album bevor. Danach beginnt der wohl spannendste Moment in Monáes Karriere. Was wird sich hinter dem Konstrukt verstecken, sobald sie ihre Maske fallen lässt? Bis dahin erfreuen wir uns an dieser verdrehten und teilweise verbissen weitergeführten Storyline. Dōmo arigatō, Mrs. Roboto.
8 Kommentare mit 2 Antworten
Oh ja, sehr schick! Bin größtenteils Hasser vom modernen R'n'B, aber Janelle Monáe geht immer!
Sie ist eine wahre Lichtgestalt in der gesamten Popmusikszene! Wie ihr erstes Album ein absoluter Pflichtkauf.
Wahnsinn die Frau!
Ich steh ansich auch gar nicht auf modernen RnB, aber die Frau hats einfach nur drauf.
Dieser Kommentar wurde vor 11 Jahren durch den Autor entfernt.
Hübsches Beispiel für medialen Drive-By.
Wurde der Erstling noch überall abgefeiert, scheint man das hier mehr so unter "ferner liefen" einzusortieren.
Am Album liegts (mbMn) nicht, ist höchstens marginal schwächer als der Archandroid.
Highlights für mich Queen, Electric Lady & Sally Ride.
mal was frisches neues. Mal gucken wie das nächste Album wird