laut.de-Kritik

Der Pop der Norwegerin klingt ungemein idyllisch und lebendig.

Review von

Auf "The Practice Of Love" streckte Jenny Hval vor zweieinalb Jahren ihre Fühler noch weiter in Richtung Pop aus als auf "Blood Bitch". Nun legt sie mit "Classic Objects" ihr bislang bekömmlichstes Werk vor.

Dabei erweisen sich die Texte alles andere als bekömmlich. Es geht wieder einmal um das Patriarchat, um künstlerische Haltung und um Flüssigkeiten, die unseren Körper verlassen. Den Homo sapiens denkt die Osloerin dabei als Teil der Natur.

Schönheit ist da nur ein Teil des Konzepts. Die titelgebenden "Classic Objects" betrachtet Jenny als Kunstwerke, die während der Pandemie zu bloßen Objekten verkommen sind. Die versucht sie mit dieser Scheibe wieder zum Leben zu erwecken. Insgesamt lässt sich die Platte laut Hval als eine Art "Landkarte" vergangener, zukünftiger und unmöglicher "Orte" verstehen, "an die einen Träume, Halluzinationen, der Tod und die Kunst führen können".

Zu Beginn führt "Year Of Love" mit lebendigen Gitarren, Tribal-Trommelrhythmen, leichtfüßiger Orgel, kühlen Synthies und ihrem kristallklaren Organ an einen idyllischen Ort abseits jeglicher Hektik. Auch der Rest des Albums hat etwas ungemein Idyllisches und lädt dazu ein, sich einen eigenen gedanklichen Rückzugsort zu schaffen, der hilft, sich in diesen unsicheren Zeiten besser zurechtzufinden.

Dabei offenbaren im weiteren Verlauf organische Sounds in Verbindung mit sphärischen Synthies und Hvals engelsgleicher Stimme geradezu meditative Qualitäten. "American Coffee" beginnt mit flächigen Orgelklängen und melancholischem Gesang nachdenklich, verschiebt sich mit zunehmender Spielzeit jedoch immer mehr ins Eigängige. Im Titelstück kommt durch harfenähnliche Töne noch eine gewisse Süßlichkeit hinzu. "Cemetery Of Splendour" dringt nach und nach in immer hymnischere, kraftvollere Gefilde vor.

In "Year Of Sky" stehen dann afrikanisch geprägte Rhythmen im Vordergrund, die zusammen mit psychedelischen Orgel- und spacigen Synthie-Klängen sowie einer ausgesprochen einprägsamen Hook eine suchterregende Melange ergeben. Afrikanische Anklänge findet man auch zu Beginn von "Jupiter", das aber mehr von wavig kühlen Sounds lebt und in ein intensives Drone-Finale mündet, das uns die Welt von oben betrachten lässt. Das leicht folkige "Freedom" entwickelt anschließend eine barock anmutende Schönheit, und "The Revolution Will Not Be Owned" sorgt mit jazzigen Akkorden, lichtdurchfluteten Piano-Tönen, hymnischer Orgel und der sirenenhaften Stimme Jennys für einen hoffnungsvollen, lebensbejahenden Abschluss. Die Osloerin schafft es wieder einmal, sich auf natürliche Weise weiterzuentwickeln und anders zu klingen als auf bisherigen Alben.

Trackliste

  1. 1. Year Of Love
  2. 2. American Coffee
  3. 3. Classic Objects
  4. 4. Cemetery Of Splendour
  5. 5. Year Of Sky
  6. 6. Jupiter
  7. 7. Freedom
  8. 8. The Revolution Will Not Be Owned

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