laut.de-Kritik
Emo-Rap: Bis das Innerste nach Außen quillt.
Review von Stefan JohannesbergAngst. Angst um Joe Budden: Auf seinem sechstem Studioalbum "All Love Lost" reißt sich der eh schon introvertierte Slaugherhause-Emcee endgültig das Herz heraus, foltert sich selbst, bis das Innnere nach Außen quillt und verbrennt seine Seele auf einem Scheiterhaufen aus melancholisch-zerbrechlichen Kopfnicker-Beats. Im Titeltrack und Opener legt er seine schwachen Seiten schonungslos offen. Er verabscheut seine Sucht und lehnt – in seiner Kotze liegend - jegliche Gnade ab. Er ist ein Sünder, der selbst in dieser Situation ganz unten keine Stärke findet.
"Then I do it like the shyt ain't ever happen before / This is all the while layin' on my bathroom floor / Hold up, I'm just askin' him, give me strength to grow up /
By now I'm sick and tired of layin' in my own throw up / It's a given, then self pity hits me / And I start to feel like I don't deserve to be forgiven."
Es ist auch bereits dieser Opener, der Buddens ganzes Dilemma zeigt:
"Just when I thought I can't dig any deeper / Said my last shit was trash and they dig when it's deeper / They ain't see what I see, I guess my vision was weaker / Or they buy me to hear me, so we can skip all the features, I'm like / Woke me up with the pinch / So it's in English now, since they ain't wanna hear French / Ain't wanna hear Wiz, ain't want me with Kirko / They ain't wanna hear me happy, now they lookin' for hurt, yo."
Die Fans wollen ihn einfach nicht glücklich sehen, denn Joe war schon immer am stärksten, wenn er ganz tief ging und seine Gefühle zwischen Swagger und Poesie suchte. Seine "Mood Muzik"-Serie gehört nicht nur zu seinen Sternstunden, sondern zu den besten Mixtapes ever. Trotzdem war Buddens Verfassung damals nicht so scharf auf Messers Schneide. Elf Tracks dauert die Selbstkasteiung, elf Mal schält er die Essenz seiner Existenz – mit viel Eastcoast-Soul-Bap unterstützt von Boi-1da, AraabMuzik, 8 Bars und Chigz - blutig aus sich heraus.
Am eindrucksvollsten gelingt ihm das in "Unnecessary Pain", einer Liebeserklärung an die Musik, fast schon seine Variante von "Music was my first love, and it will be my last":
"I hold music in such a high regard that
To / this day I still feel like it's destiny
And to these fans that I once gave my life for / I gotta tell you that it's not much left in me / Yeah, and not that it's growin' old / But years of bearin' my soul is takin' it's toll."
Man kann nur hoffen, dass ihm dieses Album und die Zuneigung der Fans Therapie genug sein wird. Auch Curse, Drake oder Azad schnitten sich ja des Öfteren tief ins Herz, trotzdem ist Joe Buddens innere Zerrissenheit auf "All Love Lost" spürbarer als jemals zuvor. Oder wie es Marsha Ambrosius in der Hook zu "Make It Through The Night" auf den Punkt singt:
"I'm feeling like I have my fate on the line / Heading closer to the exit sign / If I can make it through the night / This game ain't ever been no friend of mine / I'm just tryna make most of my life, my life / If I can make it through the night."
2 Kommentare
Platte ist richtig stark geworden, war so nicht zu erwarten! Da kann er auch so viel jammern wie er will: Das letzte Zeug von ihm war weit unter seinen Möglichkeiten.
Buddens ist ein grossartiger MC, den man aber leider auch immer mit unnoetigen Beefgeschichten verbindet. Ich habe dem hier 3 Punkte gegeben, wirklich sind es 3-4, mir geht das gerade zu direkt zu tief.