laut.de-Kritik

Wie Santana auf LSD.

Review von

Das nächste Lebenszeichen des Chamäleons. Drei neue Tracks für die Welt (für Japan sind es vier). Viel Gitarre, viel Krautrock und doch einmal mehr ganz und gar anders. "Outsides" macht keinen einzigen Kompromiss. Er kann es sich leisten.

Die EP zeigt den umtriebigen Amerikaner im vorläufigen kreativen Aufwärtstrend, und kaum jemand polarisiert dabei so schön wie Madman Frusciante. John schenkte der Welt bereits in wenigen Jahren mehr großartige Alben als andere in einem ganzen Musikerleben. Nun, da er sich mit den unperfekten, aber unterschätzten Werken Letur oder PBX neuen Horizonten zuwendet, bleiben nicht wenige der alten Freunde eher wenig amüsiert am Ufer zurück. Es ist ein wenig wie bei verwandten Freigeistern wie Miles Davis oder Radiohead. Genau wie jene hat John Frusciante seine Balladen und sein "Ok Computer" bereits hinter sich. Er weiß: Tradition ist nichts anderes als die Illusion der Permanenz. Dem trägt "Outsides" konsequent Rechnung. Heraus kommt Fusion, die in manchen Momenten klingt wie ein krautrockender Santana auf LSD.

Seine Mittel wählt Frusciante recht unspektakulär: recht trockene und simple Beats treffen auf ein paar Effekte aus der Synthiesteinzeit. Darüber legt er seine warme Gitarre. Indes: Völlig gleichgültig, welche Sounds er wählt. Entscheidend bleibt das Gesamtmosaik, weniger seine einzelnen Bestandteile.

Zu Unrecht warf man Frusciante deshalb zuletzt einen überintellektualisierten Ansatz vor. In Wahrheit funktioniert diese rein auf Gefühl basierende Instinktmusik wie ein Floß, auf dem man sich treiben lassen kann. Schleusen auf und alles andere im Kopf ausschalten! Und schon ist man drin in der hypnotisch bunten Emotion des New Yorkers.

Im Zentrum steht das zehnminütige "Same". Johns Gitarre übernimmt endlich wieder die Hauptrolle im Ensemble. Nahezu leichtfüßig hält er den Song so über die gesamte Spieldauer auf dem Siedepunkt. Vom frühen 70er-Krautrock à la Neu! und Co. inspiriert übernimmt er den improvisierten Rockansatz. Und bietet ein entfesseltes Spiel: Man hört gefühlte 100 Melodien, doch stets nur fragmentarisch angedeutet - und schon wartet das nächste Thema.

Mit "Beathiac" hält er den Pegel nicht ganz. Eine Art unausgegorene "Bitches Brew" meets Bruckner-Skizze mit Atari-Sound-Ende. Nicht weltbewegend, aber konsequent im Ansatz. Frusciante bleibt einer jener wenigen Künstler, der auch den Weg dokumentiert, nicht lediglich das Ziel.

Der kleine Durchhänger ist auch schnell vergessen. "Shelf" häutet sich nach einem fiebrigen Solo zu eingängigem 80er-Synthiepop inklusive einiger gesungener Zeilen. Für Frusciantes Verhältnisse fast schon ein Hitmoment und Echo alter Chili Peppers-Melodien. Nur schräger in Szene gesetzt.

Das Bedienen von Erwartungshaltungen kann man ihm trotzdem wirklich nicht vorwerfen: Den Musiker als berechenbaren Auftragsarbeiter fürs Stadion hat er hinter sich. Dennoch beweist "Outsides", dass man für den Ausbruch aus dem Käfig nicht zwingend den ganzen Weg der Dekonstruktion braucht, wie ihn etwa Faith No Mores Mike Patton mit John Zorn erfolgreich beschreitet. Dafür bleibt Frusciante am Ende doch zu verliebt in Harmonien und Melodien. Er bleibt ein Unikum in der Musik- und Showbizbranche.

Trackliste

  1. 1. Same
  2. 2. Breathiac
  3. 3. Shelf

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