laut.de-Kritik
Der Brandstifter mit dem Allheilmittel.
Review von Dani FrommWer angesichts des Titels dem Irrglauben aufsitzt, es gehe bei Knackeboul inzwischen in irgendeiner Weise moderat zu, sollte sich besser wappnen: Zwar birgt "Moderator" den einen oder anderen beinahe schon überraschend sachten Track. Trotzdem zeigen sich keinerlei Anzeichen für eventuell ausbrechende Zahnlosigkeit.
Mit Schmackes rotzt die Nummer eins unter den eidgenössischen Mundartisten zusammen mit Kollegen Greis braunen Stammtischparolen die saftige Schimpfkanonade "Vaffanculo" entgegen, richtet Buchstabensuppe an ("HDG"), betätigt sich als "Sprachrohr", wahlweise aber eben auch als "Brandstifter".
Leider geil, wie die Deichkinder sagen würden, umreißt "Indienerd" - von der Frise über die Klamotten bis hin zum Sound treffend - ein grassierendes Grusel-Phänomen. Die scheppernde Schlagzeug-Gitarre-Bass-Melange mit Uuh-uuh-uuh-Mitklatsch-Refrain-Sahnehaube nimmt - "huurestylish", versteht sich - Klischees im Dutzend auf die Schippe.
Zuvor beleuchtet allerdings "David Und Knackeboul" das Verhältnis der Person hinter der Bühnenfigur zu ebenjener. In den Synthies schwingt von Beginn an ein geradezu absurder Dub-Vibe mit, ehe mit dem losbratzenden Bass der Rap anrollt - so flüssig, wie man das im Frikativ-lastigen Schweizerdeutsch immer gar nicht für möglich halten möchte.
Knack nimmt in "Moderates Intro" parallel zum Beat Schwung auf und zelebriert - ungeachtet, ob solches das Publikum möglicherweise überfordert - Phantasie, Anarchie und den totalen Groove. "Chumm, gib mir es Zeiche!" London Nebel ergänzt Synthiegeflirre mit quertreibendem Bass zu einem ebenso clubtauglichen wie beklemmenden Szenario, in dem man im Hintergrund ab und an glaubt, "I Got 5 On It" - respektive dessen Vorlage "Why You Treat Me So Bad" - aufblitzen zu hören.
Richtig apokalyptisch wird die Stimmung in "Brandstifter". Truppen formieren, Fronten verhärten sich - auch im Sound, bis die im Text beschworene Katastrophe den Beat zerfetzt: Es herrscht grandiose Düsternis, wie sie sonst manch derbe Drum'n'Bass-Nummer auffährt. Von Panacea zum Allheilmittel benötigt Knackeboul aber nur einen winzigen Schritt.
Seine Kur für alle Übel der Welt heißt "Das Lied", eine lässig gechillte Schmerztablette, eine wahre "Massage für strapazierte Glieder", produziert vom Mundartisten-Kollegen Klon. Der Schwenk von der ersten, wuchtigen, durchgeknallten in die zweite, gesetztere, zarter besaitete Hälfte des Albums vollzieht sich abrupt, beinahe schon brutal.
Im letzten Drittel legt Knackeboul auch an den Reglern Hand an, produziert sich die perlende, plätschernde Begleitung zu seinen Zeilen selbst. Das gelingt ihm - mal verspielt, immer jedoch in stetem Fluss - wunderbar. Ob er, wie in "I Wanna", allerdings tatsächlich hätte singen müssen ... vielleicht können wir das noch einmal überdenken, während der wirklich hübsche instrumentale "Abspann" verklingt.
10 Kommentare
Dieser Kommentar wurde vor 3 Jahren durch den Autor entfernt.
Sag mal wie erträgst bzw. verstehst du eigendlich diese Alpendeutsche Sprache, Dani? Ich kann das nicht länger als 2 Songs am Stück ertragen. Der einzige Gebirgsbewohner, den ich mir gerne anhöre ist Kamp! und der rappt auf Hochdeutsch.
ertragen - kein problem. ich mag mundart.
verstehen - schätze, das ist größtenteils übung. wir haben das freundliche bergvolk ja direkt nebenan.
Album wie gewohnt eine Granate, immernochfrisch wie bei Tag eins. In der Tat ein Alleskönner, dass einem die Kinnlade runterklappt. Ein beatboxender, rappender, moderierender, textender sonniger Sonnenschein! Zum küssen.
und hier kauft mans günstig: http://www.cede.de/de/music-cd/frames/fram…
... ich versteh kaum ein Wort