laut.de-Kritik
Zwischen Blues, Led Zeppelin und Sheryl Crow.
Review von Toni HennigDie beiden vergangenen Jahre waren für Larkin Poe, bestehend aus Rebecca (Leadgesang, Rhythmusgitarre, Tasten) und Megan (Harmoniegesang, Lap Steel, Sologitarre) Lovell, wie für alle aktiv tourenden Bands, nicht einfach. Doch statt Trübsal zu blasen, steckten die beiden Schwestern ihre Power in ein Coveralbum namens "Kindred Spirits", das 2020 auf den Markt kam, und eine Livestream-Show, für die sie das Nu Deco Ensemble aus Miami gewinnen konnten. Der Mitschnitt "Paint The Roses (Live In Concert)" erschien 2021.
Nun veröffentlicht das Duo mit "Blood Harmony" sein sechstes Studioalbum. Die Platte produzierte man gemeinsam mit dem texanischen Musiker Tyler Bryant, Rebeccas Mann. Außerdem zogen sie sie Schlagzeuger Kevin McGowan und Bassist Tarka Layman, die langjährigen Mitglieder ihrer Liveband hinzu, so dass die Musik organisch aus den Boxen perlt.
Der Opener "Deep Stays Down" begrüßt mit abgehangenem Südstaaten-Blues, der von lässigen Rhythmen und Akkorden sowie wunderbaren Harmoniegesängen lebt. Gegen Ende driftet der Song mit luftigen Riffs und röhrendem Gesang in Led Zeppelin-artige Gefilde. In "Bad Spell" fliegen einem dann Jimmy Page-mäßige Riffs geradezu um die Ohren. Danach wagen sich die beiden Schwestern in "Georgia Off My Mind" in poprockige Sheryl Crow-Gefilde.
Zwischen Südstaaten-Blues, Led Zeppelin und Sheryl Crow pendeln auch die nachfolgenden Stücke. Dabei droht das Album manchmal ins allzu Gefällige abzugleiten, wenn das Duo, wie in "Southern Comfort", etwas harmonischer und poppiger agiert. Glücklicherweise überwiegt aber der erdige Blues- und Hardrock-Anteil.
So lädt "Bolt Cutters & The Family Name" zum Luftgitarrespielen ein, und in "Summertime Sunset" geht es mit straightem Schlagzeug, kraftvollen Vocals, schmissiger Orgel und abenteuerlichen Soli ordentlich zur Sache. Dazwischen besinnt sich Rebecca im bluesrockigen Titeltrack auf das musikalisch Erbes ihrer Eltern, und in "Kick The Blues" fügen Larkin Poe noch einen gewaltigen Schuss tanzbaren Rock'n'Roll hinzu. Dazu passt auch der Text wie die Faust aufs Auge, der sich auf den Übergang vom Blues zum Rock'n'Roll bezieht.
Zum Schluss lassen die beiden Schwestern in "Lips As Cold As Diamond" mit weitläufigen Gitarrenharmonien und nachdenklichem Gesang ein ganzes Südstaaten-Panorama vor dem inneren Auge entstehen, so dass die Scheibe einen atmosphärischen Ausklang findet. Letzten Endes stellt "Blood Harmony" eine ziemlich rockige und spaßige Angelegenheit dar, die definitiv Lust auf Liveshows des Duos macht.
2 Kommentare
Das bisher beste Album der Lovell Schwestern, obwohl es bei mir beim ersten Durchlauf noch gar nicht zünden wollte. Inzwischen läuft es im Auto in Dauerschleife und gewinnt mit jedem Durchlauf noch dazu.
Glatte 5/5.
P.S.
Nein, das hat nichts mit schönhören zu tun, sonst hätte es wohl einige Runden mehr gebraucht.
Habe in den letzten Jahren etliche tolle Konzerte erlebt, aber noch nie habe ich so viele glücklich- beseelte Gesichter beim Verlassen des Saales gesehen wie nach dem Larkin-Poe-Auftritt in Berlin am 1.11.!