laut.de-Kritik
Ganz guter Popstar, fantastische Rapperin.
Review von Yannik Gölz"Who you think set the trend? Now all these bitches follow" behauptet Latto auf dem orchestralen Intro-Zweiteiler "777". In dem Moment glaubt man ihr, einfach nur, weil sie auf dem Instrumental hungrig wie nochmal was klingt. Aber hört man ihr zweites offizielles Album ganz durch, zeigt sich eine vielseitige Rapperin mit sexuell sehr expliziten Lyrics und einer klaren Ausrichtung darauf, was gerade auf TikTok passiert. Nur fraglich, wie sehr sie da gerade ein Unikat ist. Latto muss also nicht nur gegen den normalen Gegenwind gegen Rapperinnen ankämpfen, sie darf auch noch gegen den Zynismus anrappen, nur das nächste Major-Label-Gezücht zu sein. Das Ding ist: Sie ist das nächste Major-Gezücht. Aber sie ist absolut fantastisch darin.
Hier können wir auch gleich die Schwächen des Releases abhandeln. "777" fühlt sich eher wie ein Konglomerat von Sachen an, die gerade im Trend liegen, inklusive ein paar sehr offensichtlicher Meme-Hooks, einer Retro-Nummer und Features mit allen gerade heißen Rappern, die man so auftreiben konnte. Anders lässt sich schwer erklären, wie genau es zu sehr polierten Kollaborationen mit Lil Durk, Kodak Black und Nardo Wick gekommen ist, die auch eher im Pop-Feature- als im Rap-Feature-Modus auftreten.
Aber man könnte es auch einfach für einen Zufall halten, dass sie ausgerechnet die Songs macht, die gerade gut laufen könnten. Denn Latto verkauft fast jeden davon. "It's Giving" zum Beispiel nimmt ein etwas in die Jahre gekommenes Meme, das auf dem Slang der Ballroom-Kultur basiert, und zieht es über einen absurden Beat durch, der wie die Vine-Version von den Neptunes klingt. Und sie rockt es absolut: Die Frau aus Atlanta hat sich schon seit ihrer Jugend aktiv mit Drag Racing beschäftigt, sie fühlt sich nicht an, als würde sie einen Trend mitnehmen, sondern sie wirkt wie ein Avatar des Phänomens. Und das ist auf so polierten Projekten überhaupt nicht selbstverständlich; vor allem dann, wenn die Hook absolut ins Schwarze trifft. Die Nummer ist einer von vielen Kopfnickern auf "777".
Auch das 21 Savage-Feature "Wheelie" klappt fantastisch. Von Atlanta nach Atlanta nehmen sie beide mit ihren jeweiligen Signatur-Flows einen Bass-lastiges Brett von einem Beat auseinander, der jede Referenz auf Juicy J und DJ Paul verdient. Sogar die Lovesongs mit Durk und Kodak gehen irgendwie auf, vor allem deshalb, weil Latto wirklich alles gibt, sie mit einfühlsamen Refrains und authentischen Verses über Wasser zu halten. Allerhöchstens ihr großer Hit "Big Energy" weckt Bedenken, ob sie wirklich die "Say So"-Formel von Doja Cat genau eins zu eins übernehmen kann – die nicht davon gemildert werden, dass sie Mariah Carey und ein gottverdammtes DJ Khaled-Feature auf den Remix holt.
So schön es also ist, zu konstatieren, dass Latto sehr gut in ein Pop-Rap-Framework passt, bleibt aber doch eine Frage offen: Wird sie ein Album machen, auf dem sie wirklich auf die Sounds abgeht, die ihr wirklich Bock machen? Der doppelte Hitter "777 Pt. 1" und "777 Pt. 2" zeigt sie als Spitter in Tradition aller ganz großen Spitter ihrer Heimatstadt, und ihr Entwurf von Gospel-Trap auf dem Wayne- und Gambino-assistierten "Sunshine" zeigt, wie viel Heißhunger und Seele die Frau in ihre Tracks legen kann. Sie hat Flow ohne Ende, eine fantastische Stimme und scheint wirklich, wirklich heiß auf das Rappen zu sein. Und da steht sie in einer ähnlichen Position wie Cardi und Megan, ihrerzeit sogar Nicki: Es stellt sich die Wahl, ob sie nun ein solider Popstar oder ein fantastischer Rapper sein möchte. Die nächsten Tapes werden das wohl entscheiden.
4 Kommentare mit einer Antwort
Wenn Yannik das sagt, isses als Warnhinweis zu verstehen, dass es ein generischer Trap Doubletime Kackflow sein wird. Wette gewonnen?
Jep.
Man liest den ersten Absatz, stellt fest, dass es sich um absoluten Kernschrott handeln muss, und dann wird die Beschreibung mit jedem Absatz immer noch schlimmer.
beat mist...
flow mist...
und unserem yannik gefällts, wen wunderts...
Mist ist es jetzt nicht, aber auch nicht sonderlich gut… die Feature Artists sind teilweise vier Sterne, aber das Album auf keinen Fall…