laut.de-Kritik
Der Stray Cats-Bassist erstarrt nicht in Ritualen.
Review von Artur SchulzRockabilly! Diese uralte, räudige und stinkende R'n'R-Schindmähre. Sie ist einfach nicht totzukriegen, im Gegenteil. Je länger ihre eigentliche Glanzzeit zurückliegt, kommt sie immer häufiger wieder aus ihrem schäbigen Stall getrabt. An Selbstbewusstsein mangelt es ihr nicht. Kein Wunder. Was hat sie nicht alles überlebt, seit jenen goldenen Tagen der fünfziger Jahre.
Gewiss, die Besitzer haben im Lauf der Zeit gewechselt: Von Carl Perkins über den frühen Roy Orbison bis hin zum King, bevor eine Phase anbrach, in der das Braveheart lange Zeit abgehalftert im Rock-Tierheim darben musste. Bis es in den Frühachtzigern von den Stray Cats adoptiert wurde.
Und spätestens seitdem schnaubt es wieder energiegeladen durch die Musik-Prärie. Seinen aktuellen Ausflug verdankt das geduldige Tier auch wieder einem Cats-Mitglied, namentlich Lee Rocker, und führt erneut trefflich all jene Kunststücke vor, mit denen es bereits vor über einem halben Jahrhundert das Musikrodeo-Publikum begeisterte.
"Gone" galoppiert gleich temporeich und mit starkem Refrain ausgestattet durch die Wüste, um dabei dann und wann gekonnt Tito And Tarantula-Splitter aufzuklauben. "Crazy When She Drinks" weckt Assoziationen an Ronnie Hawkins' "My Gal Is Red Hot". Im Titeltrack "Black Cat Bone" legt das Pferdchen dann eine verdiente Pause ein. Denn nun schlägt die Stunde der Samtpfoten: Lees schwarze Katze schleicht verstohlen lauernd um die Ecke - im Maul noch blutwarme Blues-Fetzen.
Das Hank Williams-Cover "Lost Highway" entpuppt sich als federnde Rhythm And Blues-Sentimentalität. Hier steht gar Chris Isaak am Wegesrand und hält unbeirrt den Daumen hoch, während irrlichternde Guitar-Steppenhexen an ihm vorbeisausen.
Der "Rebel" wummert krachend heavy und Gitarren-malträtierend. Lee Rocker bietet stets weit mehr als bloßes Zitate-Kino: Sein Rockabilly erstarrt nicht in den alten Ritualen. Er belebt sie mit Tempo, Energie, echoverhallter Twang-Gitarre und fifties-seligem Bass-Gezupfe.
Lee gibt einen glänzenden R'n'R-Verweser, denn in ihm lodert das alte Feuer. Seine Art des Bassspiels ist und bleibt einzigartig in diesen Tagen. Nahezu regelmäßig erscheint seit 1994 ein Solowerk abseits des Stray Cats-Freundeskreis. "Black Cat Bone" ist bereits das siebte Studioalbum (1999 veröffentlichte er mit "Lee Rocker Live" noch einen Konzertmitschnitt). Die bereits auf Tour erprobten Gitarristen Brophy Dale und Buzz Campbell sowie Drummer Jimmy Sage bilden mit Lee ein virtuoses Quartett.
Dampfig, knackig und natürlich bassgesättigt begeistert die Fingerübung "String Bass, Guitar And A Drum". "Sometimes You Win" lockt mit messerscharfen Gitarren-Licks. Mit "One More Night" erweist Lee einer Dylan-Ballade unverkrampft seine Referenz. Und dann tanzen gar Elvis' Knochen ekstatisch scheppernd über die Straße: "The Highway Is My Home" besticht als große Verbeugung vor "My Baby Left Me" mit klarem Zielort Memphis, Tennessee.
Der "Free Bass" gibt dann den Kehraus nach dem 13 Songs starken, beseelten Handwerk. Der alten Schule verpflichtet, rootig, bluesig und mit mächtig Dampf in den Nüstern - Lee Rockers Rockabilly-Stute läuft auf Hochtouren.
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