laut.de-Kritik

Young Thug würde vor Freude im Kreis swaggen.

Review von

"Auf Parts hab ich keine Lust, aber dafür hab' ich geile Hooks." Am Motto hat sich bei Mauli seit den Internetbattle-Zeiten nicht viel geändert. In allen anderen Bereichen macht der Klonkrieger mit seinem Debüt dagegen einen gewaltigen Satz nach vorne.

Statt der billigen Plastikbeats aus dem rappers.in-Forum baut sich der Berliner zusammen mit seinem Weggefährten Morten die musikalische Untermalung lieber selbst. Sanfte Stringpads, wahlweise knallende oder vor sich hin wabernde 808-Drums, 70 bpm: All das schreit nach Cloud-Rap. Der Sound klingt aber so eigenständig, dass ein solch überstrapaziertes Label fehl am Platz erscheint. Fest steht: Young Thug würde bei den Instrumentals vor Freude im Kreis swaggen.

Maulis leiernder Half-Time-Vortrag passt, gepaart mit seiner voluminösen Stimme, dazu wie die Faust aufs Auge. "Ich bin kreativ, ihr seid erwachsen." Der 22-Jährige hält die Halbwertszeit so manches alteingesessenen MCs für längst abgelaufen.

Der angesprochenen Kreativität lässt er dabei vor allem mit Ansagen in Richtung der Kollegen freien Lauf. "Endlich werden wieder Names gedroppt": Eine Auflistung aller angefeindeten Rapper würde wohl den Rahmen dieses Textes sprengen. Wenn Mauli zum x-ten Mal eine Spitze in Richtung Errdeka abfeuert, wirkt er zeitweise fast schon wie besessen. Dank einer großen Ladung Humor nimmt man ihm die exzessiven Abgrenzungsversuche aber nicht übel: "Ich geh' zu Edeka mit Errdeka. Mach etwas kaputt und sag', dass er das war."

Die Ignoranz, die er dabei an den Tag legt, sorgt immer wieder für ein breites Grinsen. "Ich fühl' mich wie Savas, denn ich geb' mir keine Mühe bei dem Part." Statt konstruierten Reimketten und gezwungenen Wie-Vergleichen rotzt Mauli seine Abscheu über die deutsche Rapszene hin, wie es ihm gerade so passt. "Fick auf die Reime, auch wenn Motrip jetzt beleidigt ist." Wenn sich die Musik trotzdem so kohärent anhört, wer braucht dann noch Reime?

"Jede Line eine potenzielle Hook": Beim kläglichen Versuch, Drakes Dance-Moves zu kopieren, nachdem das Album bei zwei Flaschen Wein zum fünften Mal im Loop läuft, stellt sich heraus: Treffender hätte man es nicht beschreiben können. "Ein Album voller Hits."

Die bewegen sich konsequent im gleichen Kosmos: Hängen mit den Jungs, Bombay-Gin mit Multivitamin sippen und dabei kopfschüttelnd Deutschrap-Releases pumpen. Die Themenarmut mag man "Spielverderber" auf den ersten Blick vielleicht als Schwäche auslegen, doch gerade das Fehlen deeper Tracks erhält den lässigen Vibe der Platte durchgängig aufrecht.

Selbst Rap im klassischen Sinne, so ganz ohne Autotune, stellt für Mauli mittlerweile keine Hürde mehr dar: Auf einer Reinkarnation des Peet-Beats vom legendären VBT-Finale 2012 zieht Mauli in "93 Til Infinity" das Realkeepertum ins Lächerliche: "Beatboxen und Breaken, Freestylen und Sprayen. 24/7, mir kann niemand etwas erzählen."

Von Battle-Turnieren hat hat sich der Berliner schon lange emanzipiert. Im Gegensatz zu den halbwegs talentierten Spittern, die VBT und Co. alljährlich in die Szene spülen, scheint Mauli seinen Sound gefunden zu haben.

Ob nun Cloud-Rap, Trap, oder Down South: Wie man diese Art Rap nennen mag, bleibt jedem selbst überlassen. Mit Mauli beweist jedenfalls ein weiterer Newcomer, dass dieser Sound durchaus auf Deutsch funktioniert. Nach LGoony und Crack Ignaz liefert der Berliner ein weiteres Album, das sich hinsichtlich Innovation und Modernität auf einem Niveau mit seinen amerikanischen Vorbildern bewegt. Dabei einen die Class of 2015, trotz der verschiedenen Herangehensweisen, die selben Attribute: jung, ignorant und verdammt viel Style.

Trackliste

  1. 1. Alles Gut
  2. 2. Meine Jungs
  3. 3. Villa Kunterbunt
  4. 4. Liebe Zum Spiel
  5. 5. Mauli, Pt. 2
  6. 6. Shoutouts
  7. 7. Iaam
  8. 8. Ewig
  9. 9. 93 Til Infinity
  10. 10. Nix Zu Tun
  11. 11. Steinfabrik

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