laut.de-Kritik
Wie ein Happy End für Isaac Brock.
Review von Simon Conrads"Hello, hello, hello", so begrüßten Modest Mouse im Mai ihre Hörer*innen in der Single "We Are Between". Direkt darauf folgt: "This is the worst part". Pessimismus ist ein ewiger Begleiter von Isaac Brock und seinen Mitstreitern, seit sie sich Mitte der Neunziger einen Platz im Indie-Kanon erspielt haben, aber man darf sich von dieser ersten Rückmeldung nicht täuschen lassen. Auf "The Golden Casket" findet Brock immer wieder zu erstaunlich erbaulichen Zeilen, gar sowas wie Optimismus: "These are the stars and these are the seas / Well, these are the places that we’re lucky just to be between", heißt es etwa in "We're Lucky". "Just being here now is enough for me", singt Brock etwas kompakter in "Wooden Soldiers".
Diese Zufriedenheit gerät nie aufgedrückt und erweckt stellenweise fast den Eindruck eines wohlverdienten Happy Ends für Brock, der immer wieder mit Drogensüchten kämpfte und an der amerikanischen Gesellschaft litt, sich nun aber in der Rolle des Vaters zweier junger Töchter wohl fühlt. Diese Beziehung zu seinen Kindern bildet die thematische Basis des Tracks "Lace Your Shoes", einem angenehm plätschernden Song, den man so von Modest Mouse nicht gewohnt ist. Eine neue Farbe fügt diese Platte dem Werk der Amerikaner hinzu. Musik der Genügsamkeit und Zufriedenheit, die ihre Stimmung auf die Hörer*innen überträgt.
Daneben gibt es allerdings auch den paranoiden Brock, der überall Überwachung und Kontrollversuche wittert, was im Song "Transmitting Receiving" gipfelt. Scherzhaft nennt er diesen Themenbereich selber sinngemäß die "tinfoil hat section", kommt aber von den Sorgen um die Verzahnung von Mensch und Technologie nicht los. Aber selbst wenn Brock sich dieser Paranoia hingibt, hat er seine Worte gut im Griff: "Well nothing in this world's gonna petrify me / We are repeating / Always vibrating / We are transmitting".
Musikalisch ist genug Bekanntes dabei, so dass Hörer*innen sich schnell zuhause fühlen können. Gleichzeitig wirkt das Album aber auch nicht wie ein Ablaufen ausgetretener Pfade. "Wooden Soldiers" etwa weckt Erinnerungen an ältere Tracks wie "Bury Me With It" und hätte auch gut auf "Good News For People Who Love Bad News" gepasst. Die bereits erwähnte Leadsingle "We Are Between" liefert zwar immer wieder typische Modest Mouse-Riffs, zwischendurch erinnert das abgedämpfte Gitarren-Spiel aber auch an Phoenix. Einen ganz zentralen Platz in den Stücken bekommt immer das knallige Schlagzeugspiel von Jeremiah Green, der weiterhin ein gutes Händchen dafür hat, den Stücken wunderbar zuzuspielen, ganz besonders auch im verrockten "Walking And Running".
"Lace Your Shoes" arbeitet viel im Sphärischen, während ein spaßiger Basslauf im Zentrum grummelt, was großartig zu den nachdenklichen Lyrics passt. Überzeugend geraten auch die poppigeren Stücke, allen voran "The Sun Hasn't Left", das den eingängigsten Refrain des Albums bietet. "Japanese Trees" begeistert ebenfalls, ist in seiner Hook so dicht instrumentiert, dass man die verschiedenen Spuren nur schwer entwirren kann. Das abschließende "Back To The Middle" macht schließlich mit seinen Dynamikwechseln und dem noisy Refrain Laune. Selbst dann, wenn Brock gerade mal auf der Sonnenseite steht, denkt er in dem Song schon wieder an das Danach und erteilt dem Happy End-Gedanken eine Absage: "Scratch words in the dirt to remember that / We're up here right now, not forever / We'll be pulled right back down to the middle again".
Sechs Jahre sind seit "Strangers To Ourselves" vergangen, das wiederum acht Jahre in der Mache war. Wenn die Ergebnisse aber weiterhin so rund und frische geraten, ist das der Band zu verzeihen. Dass Modest Mouse im fast 30. Jahr des Bestehens auf so hohem Niveau abliefern stimmt zuversichtlich, dass man auch in Zukunft noch mit den Amerikanern rechnen kann.
1 Kommentar
mochte die strangers echt gerne, aber diese ist eine enttäuschung, nach dem ersten durchgang wie altes, nur mit schlechterer produktion.