laut.de-Kritik

Bei Odin, ist das mächtig!

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Der Sommer steht vor der Tür. Was liegt also näher, als ein richtig schön gemeines, schwer zugängliches Winteralbum unter die Sonne zu legen? Feucht, kalt und dunkel ist es im "Zeitalter der Götter", so die Übersetzung des Titels "Jumalten Aika". Mit der Weltenesche auf dem Cover und jeder Menge Folk-Einflusserkunden Moonsorrow mythologische Pfade.

Flöten, Trommeln, Glocken, Schellen, Maultrommel, traditionelle Chöre und Rezitative, immer wieder angereichert mit Naturgeräuschen, bilden das Fundament des Albums. Das zweite Puzzleteil, um die Atmosphäre zu vervollständigen: progressiver, teilweise sogar sinfonischer Black Metal. Streicher sind mit von der Partie, legen sich über die schwarze Raserei und verleihen den Konstrukten zusätzliche, aber nie überladene Epik.

Die entstehende Mischung hat viel von frühen Opeth und Enslaved und erinnert hie und da auch an die schwedischen Shining. Entsprechend komplex präsentieren sich die Kompositionen. Am ehesten greifbar wirkt da noch "Suden Tunti", das über seine sieben Minuten hinweg Pagan-, Black- und Prog-Maßstäbe aus den Angeln hebt. Es beginnt im knurrigen Marschrhythmus und mündet in einen faszinierend arrangierten Folk-Teil, in dem sich Maultrommel, Fidel, Akustikgitarre und Vocals zu einem irgendwie beschwingten, aber doch düsteren Groove verzahnen.

Aus diesem wiederum schält sich ein Arbeiterchor, den die Band auch im "Refrain" wieder aufgreift. Vier Minuten lang baut sich das Stück mit Höhen und Tiefen kontinuierlich auf, bevor der Schlussteil einsetzt und in langsamerem Tempo teils bereits bekannte Themen variiert, teils auch mit neuen Fäden verknüpft. Im Vergleich zu den es umgebenden Zwölf- bis Sechzehnminütern wirkt "Suden Tunti" schon beinahe eingängig und reduziert.

Der titelgebende Opener überrollt einen nach kurzer Stimmungseinleitung zunächst förmlich, wenn Ville Sorvali plötzlich rabiat mit Knirschvocals und voller Gitarrenbreitseite angreift. Schnell steigert sich "Jumalten Aika" in orchestrale Gefilde, und der geplättete Verstand denkt bloß noch: Bei Odin, ist das mächtig! Diesen Effekt erzielen Moonsorrow übrigens gleich mehrfach im selben Song.

Ihren vorläufigen Gipfel erreicht die Erhabenheit im Mittelstück zu "Ruttolehto Incl. Päivättömän Päivän Kansa". Nach gut sechs Minuten endet die flirrende Aggression, und die Musiker schaffen Raum für einen Spoken Word-Teil, begleitet einzig von nächtlicher Natur, etwas Percussion und sehnsüchtiger Streichermelodie, die im Folgenden eine immer wichtigere Rolle spielen wird. Zum allein stehenden Sprecher gesellt sich ein Antwortchor. Die Intensität des anschließend aufgebauten Höhepunkts hält die Band tatsächlich bis zum Ende des Tracks aufrecht.

Ähnliches schafft "Ihmisen Aika (Kumarrus Pimeyteen)". Bis etwa vier Minuten vor Schluss drischt der Song mit winzigen Verschnaufpausen einfach durch: ein einziger, niemals versiegender Stärkequell. Ungewöhnlich für Prog-Epen dieses Ausmaßes: Soli sucht man nicht nur im viertelstündigen Closer, sondern auf dem gesamten Album vergeblich. Es wäre auch schlichtweg kein Platz dafür. Zu dicht ist die gewobene Atmosphäre, zu vielseitig und -schichtig das Songwriting.

Darf man das so überhaupt sagen? Zu dicht? Zu vielseitig? Um es kurz zu machen: Auch ohne Soli passiert genug, dass einem nicht langweilig wird. Am meisten vielleicht sogar in "Mimisbrunn", was ich hier keinesfalls unterschlagen möchte. Darin finden sich sowohl einige der ruhigsten, entspanntesten Elemente auf "Jumalten Aika", als auch mancher Abschnitt, der kaum eindeutiger dem Black Metal zuzuordnen wäre. Als prägend erweisen sich dazwischen die von Markus Eurén eingespielten Keyboards. Besonders eindrucksvoll kommen sie kurz vor Schluss zur Geltung, zunächst als zurückhaltendes Pianobacking, dann als schwelende Ergänzung zu Villes Kvarforth-Vocals und schließlich als erhabene Melodiezufuhr, bevor dunkle Sechzehntelsalven das Werk beschließen.

"'Jumalten Aika' ist wie der Wolf, der dich umkreist und am härtesten zubeißt, wenn du am wenigsten damit rechnest. Die Musik ist entfesselte Aggression, tiefe Mysterien des Nordens und donnerndes Hexenwerk, verbunden in der Schmiede der Götter, und erinnert uns alle an etwas, das nie unser Blut und unsere Erde verlassen hat", fasst Gitarrist Henri Sorvali zusammen. Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Moonsorrow gelingt dank unvorhersehbarem, durchgehend spannendem Songwriting ein Monument des Folk-Black Metals. Um alles bis ins Detail fassen und entdecken zu können, braucht es Zeit. Doch die sollte man sich nehmen.

Trackliste

  1. 1. Jumalten Aika
  2. 2. Ruttolehto Incl. Päivättömän Päivän Kansa
  3. 3. Suden Tunti
  4. 4. Mimisbrunn
  5. 5. Ihmisen Aika (Kumarrus Pimeyteen)

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LAUT.DE-PORTRÄT Moonsorrow

Die Idee zu Moonsorrow haben die Cousins Henri (Bass/Vocals) und Ville Sovali (Gitarre/Keyboard) bereits im August 1995 im heimischen Helsinki in Finnland.

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