laut.de-Kritik
Klang, Qualität und Aussagekraft: ein gelungenes Debüt.
Review von Jan Ehrhardt"Natty Dread rides again!" So richtig will dieser Ausruf ja nicht zu einem Debüt passen, dennoch steht er charakteristisch für "Rebel Frequency", das erste Soloalbum der Australierin Nattali Rize.
So neu im Geschäft ist die charmante Sängerin nämlich gar nicht. Sie sammelte viele Jahre Erfahrung als Straßenmusikerin, ist Kopf der Band Blue King Brown und veröffentlichte 2015 gemeinsam mit den Reggae-Künstlern der Band Notis die gemeinsame EP "New Era Frequency". Deshalb ist der oben genannte Ausruf tatsächlich wie gemacht, um stellvertretend für das Erstlingswerk der Dame aus Down Under zu stehen. Als Motto, wenn man so will.
Nattali Rize macht Offbeat-Musik. Roots, Dub, gelegentlich mit leichtem Hip Hop-Einschlag, aber immer Reggae. Und das macht sie gut. Ihre Stimme wirkt einfühlsam, beinahe schon zerbrechlich, und kraftvoll zugleich. Sie klingt, als wolle sie nicht nur ihre Hörer, sondern die ganze Welt in ihren Bann ziehen.
So ein musikalisches Talent bleibt natürlich nicht lange unentdeckt, was die illustre Gästeliste ihrer ersten Platte als Solokünstlerin verdeutlicht: Julian Marley (unehelicher Spross seines Vaters mit Lucy Pounder und familiär verbunden etwa mit Damian, Stephen oder Ziggy), Kabaka Pyramid, die eingangs erwähnten Heavyweightrockaz Notis, die in diesem Jahr Grammy-nominierten Raging Fyah, Jah 9 und Dre Island.
Mehr geht fast nicht. Selbst die Stars der Szene müssten sich ordentlich strecken, um für einen Langspieler so viele Musiker mit Reputation als Features zu gewinnen. Auch Shooting-Star Protoje hält große Stücke auf Nattali Rize, weshalb er sie in diesem Jahr einlud, ihn auf seiner großen Europa-Tournee zu begleiten.
"Rebel Frequency" hält wirklich, was es verspricht. Es entpuppt sich als kein gewöhnliches Reggae-Album, das zu monoton anmutenden Riddims in jedem Titel um die gleiche Bedeutungswelt zu kreisen scheint. Statt dessen wirkt es erfrischend anders, vor allem abwechslungsreich in seinem Klang. "Rebel Frequency" liefert ein Beispiel für modernen Reggae, nicht erzwungen, sondern vielmehr bewusst gebildet und liebevoll ausdekoriert.
Der Opener, "Natty Rides Again" und "Warrior" bilden dabei den Auftakt, gefolgt vom rein akustischen "One People" und dem basslastigen, inhaltsschweren "Evolutionary". Dancehall ("Heart Of A Lion") reiht sich an klassischen Offbeat ("Fly Away") oder tiefenbetonten Dub ("Ever Gazin Dub", nicht zu verwechseln mit dem fast gleichnamigen Sean Paul-Hit).
Dabei schafft die Australierin nahezu immer den Spagat zwischen klanglicher Qualität und textlicher Aussagekraft. Anspieltipps sind dabei "Hypocrisy", "Free Up Your Mind" und "Generations Will Rize". Nur in einer Hinsicht fällt das Album ein wenig zurück: Der eine Song, der die nächsten drei, vier, fünf Jahre über im Gedächtnis bleibt, der ist nicht zu finden.
Eine richtige Schwachstelle gibt es aber genauso wenig, deshalb ist "Rebel Frequency" ein durchaus gelungenes Debüt. Eins, das einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Nicht etwa mit einem Evergreen, sondern mit Gesamtqualität. Darin steht Nattali Rize renommierten Künstlern der Szene in nichts nach.
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